vivo X60 Pro im Langzeit-Test: Schlank, schnell, schön – und doch nicht perfekt
vivo X60 Pro im Test
Bei „vivo“ denken die meisten Handy-Nutzer in Deutschland noch „Wie? Wo?“. Die Marke ist hierzulande kaum bekannt, liegt aber weltweit auf Platz 5. Mit dem X60 Pro ist der chinesische Handy-Hersteller eine Kooperation mit Zeiss eingegangen und möchte auch in Deutschland so richtig Fuß fassen.
Ob das Ergebnis der Kooperation gelungen ist, liest Du hier in diesem Bericht.
Doch zuerst eine kleine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile des Handys:
- Geringes Gewicht
- Dünn
- Gute Konnektivitäts-Leistungen
- Viel Rechen-Power
- 120-Hz-Display
- Edge-Display
- Mittelmäßige Lichtausbeute bei Nachtaufnahmen
- „Biotar“-Modus ist kompliziert
In unserem Langzeit-Test hat uns das Gerät überdurchschnittlich gut gefallen, es leistete sich keine schweren Fehler. Doch einige wenige Einschränkungen konnten uns nicht verborgen bleiben.
Technische Daten: Diese Specs hat das vivo X60 Pro
Hier siehst Du die ausführlichen Spezifikationen des 5G-Smartphones:
Design & Handling: Angenehm schlank
Das Erste, was nach dem Auspacken unweigerlich auffällt, ist die leichte und dünne Bauweise des vivo X60 Pro. Es liegt so unverschämt gut in der Hand, dass man sich fragt, wo vivo all die verbaute Technik untergebracht hat.
Im Vergleich zu einem iPhone 13 Pro Max hat man gefühlt kaum Gewicht zwischen den Fingern. Gut 60 Gramm weniger bringt das vivo auf die Waage.
Freilich gibt es noch schlankere oder leichtere Geräte, doch Vivo hat es sehr gut verstanden, das X60 Pro zu einem richtigen Handschmeichler zu verarbeiten.
Kaum Wärmeentwicklung trotz Power
Mit dem Snapdragon 870 ist das Gerät nicht gerade schwach auf der Brust, verfügt allerdings nicht über die maximale Rechenleistung, die es zum aktuellen Zeitpunkt gibt. Dennoch ist das Gerät Oberklasse-mäßig ausgestattet und daher ist bemerkenswert, dass sich das Handy auch bei hoher Auslastung nicht unangenehm erwärmt.
Edel und dennoch schmutzabweisend
Die Designsprache beim vivo X60 Pro ist bescheiden und gleichzeitig edel. Das Metallgehäuse trägt hierzu seinen Teil bei. Aber auch das farbgebende Finish mit seinem schimmernden Effekt wirkt wertig.
Die leicht mattierte Oberfläche der Rückseite lässt bemerkenswert wenig Schmutz erkennen. Während andere Geräte geradezu einen ständigen Putzinstinkt auslösen, scheint das Vivo X60 Pro Fingerabdrücke einfach zu schlucken.
Tasten und Anschlüsse
Es ist nur eine Kleinigkeit, doch auch diese zeigt, dass vivo mitgedacht hat: Die Lautstärkewippe und der Anschaltknopf des Handys liegen untereinander, so dass eine versehentliche Betätigung deutlich seltener wird. Liegen die beiden Knöpfe gegenüber, wie es bis heute beim aktuellen iPhone der Fall ist, werden durch den Gegendruck gerne mal mehrere Knöpfe ungewollt betätigt.
Die Druckpunkte der wenig herausragenden Tasten sind satt, fest und klar. Da schlackert nichts. Das hat uns um Test des vivo X60 Pro gefallen.
120-Hertz-Display mit Kante
Wer sich einmal an hohe Bildwiederholraten gewöhnt hat, möchte nicht darauf verzichten: So verwöhnt auch das vivo X60 Pro die Nutzer mit einer flüssigen Darstellung von bewegten Bildern. Im Test hatten wir stets die höchste Bildwiederholungs-Stufe mit 120 Hz eingestellt. Merkliche Akku-Einbußen waren jedoch nicht festzustellen.
Das AMOLED-Display hat mit 398 ppi eine großzügige Pixeldichte und stellt die Inhalte knackscharf dar. Auch an sonnenreichen Tagen genügte die maximale Helligkeit des Displays aus, um alle Inhalte gut zu erkennen. Trotz seiner 6,56 Zoll in der Diagonale wirkt das Display sogar etwas kompakt. Für bildschirm- und abendfüllende Filme sollte man also gute Augen mitbringen.
Bei der Bedienung störte uns jedoch immer wieder das Edge-Display, das Eingaben nahe der Kante verschluckte – ein typischer Fehler bei dieser Bauweise. Zwar ist das nahezu randlose Design ein echter Hingucker, die leichte Abschrägung störte jedoch das Gesamtbild.
Das Display-Glas ist nicht von Gorilla, sondern von Schott – und es ist nicht die einzige deutsche Firma, die in diesem Test auftauchen soll.
Kamera: Große Namen, doch wenig Spektakel
Drei Kameralinsen sind im vivo X60 Pro verbaut: Eine Weitwinkel-Hauptkamera mit bis zu 48 Megapixel, eine Superweitwinkel-Linse und eine Kamera mit zweifachem optischem Zoom. Durch Pixel Binnig werden bis zu 12 Megapixel erreicht.
Die Selfie-Kamera ist als „Punchhole“, also als Loch in der oberen Mitte des Displays, ausgeführt. Sie löst mit bis zu 32 Megapixel auf. Schön wäre eine Unter-Display-Frontkamera gewesen. Doch subjektiv störte das Punchhole im Display nach einiger Gewöhnungszeit nicht mehr.
Ähnlich wie bei Huawei (Leica) und OnePlus (Hasselblad) ist auch vivo eine langfristige Kooperation mit einem klassischen Kamera-Hersteller eingegangen:
Denn Vivo und Zeiss standen gemeinsam Pate für die Hauptkamera des X60 Pro. Besonders stolz ist der Hersteller auf die Nachbildung des stilprägenden Portrait-Modus von Zeiss, dem sogenannten „Biotar-Modus“.
So viel Zeiss steckt drin: Der Biotar-Modus
Wer beim vivo X60 Pro ein feinmechanisches Produkt aus dem Traditionshaus Zeiss erwartet, wird enttäuscht. vivo und Zeiss haben vielmehr eine gemeinsame Entwicklungsabteilung auf die Füße gestellt, das „vivo Zeiss Imaging Lab“. Zeiss beteiligte sich hier an der Entwicklung des Bildgebungssystems. Das vivo X60 Pro ist das erste Ergebnis dieser Kooperation.
Der Stil „ZEISS Biotar“ ahmt die Bildgebung der gleichnamigen Zeiss-Objektive nach. Biotar-Aufnahmen verfügen über einen charakteristischen und ästhetisch schönen Unschärfe-Effekt im Hintergrund eines Portraits.
Fotographie-Fans jauchzten auf ob dieser Nachentwicklung. Nach unserem Langzeittest müssen wir Amateuerfotografen (wie der Autor einer ist) jedoch warnen: Es ist nicht einfach, den ikonografische Bokeh-Effekt hervorzurufen, sondern es bedarf einiger Übung. Hier wäre zu wünschen gewesen, dass Vivo es den Nutzern leichter macht.
Am folgenden Beispiel ist der Biotar-Stil gerade einmal ansatzweise zu erkennen:
Wichtig zu wissen: Der Biotar-Stil ist nicht mit der Frontkamera anwendbar. Für den Portait-Modus der Selfie-Kamera stehen andere Stile, Effekte und Filter zur Verfügung.
Standard-Programm wird beherrscht
Abseits dessen ist die Kamera gut. Sie fängt satte Farben ein und neigt wenig zu einem Farbstich. Kontraste und gut ausgeleuchtete Objekte werden detailreich eingefangen. Der optische Zoom hätte etwas größer sein können, liegt mit 2-facher Vergrößerung aber im Rahmen. In Kombination mit dem digitalen Zoom ist auch noch eine 10-fache Vergrößerung sinnvoll einsetzbar. Die Gefahr verschwommener Motive steigt jedoch mit jeder Stufe – wie bei jeder digitalen Kamera.
Wichtigster Kritikpunkt: Nachtaufnahmen in low light gelingen nicht so gut wie mit vergleichbar teuren Geräten. Hier wäre mehr Lichtausbeute wünschenswert gewesen. In schummrigem Licht werden Objekte etwas wenig konturenreich dargestellt. Fehlen deutliche Kontraste, entsteht im schlimmsten Fall eine farbige, aber breiige Fläche. Vermutlich ist dies dem Bemühen der Kamera-Software geschuldet, möglichst konsequent das Bildrauschen zu reduzieren.
Hier ein Beispiel für ein Setting und zwei dort aufgenommene Bilder:
Doch je nach Situation lässt sich einiges auch bei Nacht aus der Kamera des vivo X60 Pro herausholen, mal reicht das Licht aber auch einfach nicht aus. Die Grenzen der Physik gelten auch weiterhin:
Nichtsdestotrotz werden bei guten Lichtverhältnissen auch zarte Pastelltöne naturgetreu wiedergegeben. So lichthungrig die Kamera ist, so behutsam geht sie gleichzeitig mit differenzierten Szenarien um. Und nicht zuletzt sind auch die Makro-Aufnahmen ein echter Hingucker!
Besonderheit: Physischer Bildstabilisator
Ein interessantes Kamera-Feature ist der eingebaute „Gimbal 2.0“: Wer mit eher unruhiger Hand fotografiert oder filmt, dürfte sich über diese Fehlerkorrektur freuen. Die physische Bildstabilisierung geht deutlich über das digitale Herausrechnen der Verwackler hinaus.
In unserem Test vermochte der Gimbal nicht jede Erschütterung ausgleichen. Leichte Bewegungen fing er aber ab.
Zu beachten ist, dass nur die Linse der Weitwinkelkamera über den besonderen Verwacklungsschutz verfügt und nicht alle Kamera-Modi bedient werden. Portrait und Zeitlupe sind ausgenommen.
Leistung & Prozessor
Verbaut ist der „günstige“ Oberklasse-Prozessor Qualcomm Snapdragon 870. Dass es nicht alleine auf das SoC-Modell ankommt, bewies das X60 Pro im Alltag: Bemerkenswert war in unserem Test, dass gefühlt immer Leistungsreserven vorhanden waren – anders als unser Snapdragon-865-Vergleichsgerät, das sich bei paralleler Nutzung regelmäßig Denkpausen gönnte.
Das X60 Pro hingegen erlaubte sich keine Patzer. Die Bedienung war stets flüssig, Ruckler oder gar Aussetzer waren keine zu beobachten. Auch beim Gaming stellten wir im Test des vivo X60 Pro keine Einschränkungen fest, wobei wir die Leistungsfähigkeit eher in Sachen Konnektivität auf die Probe stellten – dazu später mehr.
Akkulaufzeit
Auch bei regelmäßiger Nutzung über den Tag hinweg hielt die Batterie in fast allen Fällen durch. Trotz – wie erwähnt – dauerhaft aktivierter 120-Hz-Bildschirmwiederholfrequenz musste das vivo X60 Pro meist höchstens einmal am Tag an die Steckdose. Bei mäßigem Gebrauch waren es auch mal 2 Tage Laufzeit.
vivo hat seine Firmware offensichtlich optimal stromsparend konfiguriert. Und die 4.200 mAh Akku-Kapazität erlaubten auch die längere Nutzung energiehungriger Anwendungen.
Der Akku ist allerdings fest verbaut und nicht ohne Weiteres wechselbar.
5G, Konnektivität, Sound etc.
Wir haben das vivo X60 Pro ein wenig an die Grenzen getrieben und als mobilen DSL-Ersatz genutzt. Da 5G-Router ziemlich teuer und 5G-Surfsticks nahezu inexistent sind, haben wir einen ungedrosselten 5G-Tarif von o2 anstelle des heimischen DSL-Anschlusses für die Heimarbeit genutzt. Das vivo X60 Pro fungierte hierbei als WiFi-Hotspot für alle vorhandenen Geräte.
Bemerkenswert war: Die Empfangs- und Sendeleistung des vivo X60 Pro war in der Praxis kaum von einem ausgewachsenen Mobilfunk-Router zu unterscheiden. Sogar Echtzeit-Gaming war drin. Dank der 5-GHz-Unterstützung im WLAN-Hotspot wurde das Signal zuverlässig vom vivo-Handy an alle angeschlossenen Geräte verteilt.
Auch unter kontinuierlicher Last hielt sich die Wärmeentwicklung in Grenzen. Dabei versorgte das vivo mehrere Handys, Tablets und einen Desktop-Rechner gleichzeitig.
Auch der Akku machte dieses Szenario mehrere Stunden lang klaglos mit. Das Handy sorgte hierbei für Bandbreiten von im Schnitt 200 MBit/s. Das vivo entpuppte sich bei diesem Test als kleines, tragbares Büro.
Weniger luxuriös ist die Ausstattung der Mono-Lautsprecher: Echter Filmgenuss kommt ohne Kopfhörer nicht auf – mangels Klinkenbuchse sind gute Bluetooth-Kopfhörer sehr zu empfehlen. Dies machte sich auch bei der Telefonie bemerkbar: Insgesamt konnten wir keine Auffälligkeiten feststellen bei Empfangsleistung und Sprachqualität. Lediglich bei Telefonaten über den Lautsprecher wünschte man sich mehr Sound.
Das X60 Pro verfügt über einen Dual-SIM-Slot, nicht jedoch über einen MicroSD-Schacht. Die Ausstattung mit insgesamt 256 GB muss reichen.
Software & Updates
Die Android-Oberfläche von vivo nennt sich „Funtouch“ und kommt sehr aufgeräumt daher. Positiv fiel uns die nahezu nicht vorhandene Bloatware auf. Gut gefallen hat uns auch die Nähe zum originalen Stock Android und die intuitive Bedienbarkeit. Ausgeliefert wurde unser Exemplar mit Android 11.
Updates wurden während unseres Testzeitraums durchaus verteilt. Eine Aussage über die langfristige Versorgung mit Patches und höheren Android-Versionen lässt sich an dieser Stelle jedoch nicht treffen.
Preis und Verfügbarkeit
Stolze 800 € kostete das vivo X60 Pro zum Start. Bei Redaktionsschluss stand der Zähler noch auf 570 € (Straßenpreis) – angesichts der Leistung des Geräts und der Ausstattung mit 256 GB Speicher ist das ein realistischer Preis.
Das Oberklasse-Handy ist in Schwarz (Midnight Black) und Blau (Shimmer Blue) verfügbar. Wie man am Testgerät sieht, ist das Schwarz allerdings eher ein schimmerndes Grau.
Angesichts der Kosten, die in einer solchen Geräteklasse anfallen, ist die Kombination mit einem Handytarif ratsam. Bundles sind im günstigsten Falle erheblich erschwinglicher als der separate Kauf von Tarif und Endgerät.
Fazit zum Alltags-Test des vivo X60 Pro
Vivo ist mit dem X60 Pro erkennbar aus dem Schatten getreten und will der Konkurrenz durch gehobene Qualität und ein ansprechendes Design ans Leder. Hier hat der Hersteller ganz klar Ambitionen formuliert; man wird von vivo in Zukunft noch viel erwarten können!
Die Gelegenheit ist denkbar günstig. Der ehemalige Platzhirsch Huawei ist in der Bedeutungslosigkeit verschwunden, Konkurrent Xiaomi schluckt nicht das gesamte frei gewordene Potenzial und OnePlus liefert sich mit Oppo – beide aus dem gleichen Konzern wie vivo – einen Kampf um die Eigenständigkeit (Stichwort „Oppofizierung“ von OnePlus). Es gibt also eine Menge Nischen, die vivo besetzen kann.
Gut gefallen hat uns das vivo X60 Pro wegen des edlen und schlanken Designs, der hohen Performance, der pfeilschnellen 5G- und LTE-Verbindung (Hotspot) und wegen der aufgeräumten Android-Oberfläche.
Unsere Kritikpunkte sind beim vivo x60 Pro der hohe Preis zum Verkaufsstart (klarer Kandidat für den Kauf in einem subventionierten Handy-Bundle) und die im Testbericht genannten Einschränkungen bei der Kamera.
Insgesamt können wir für das vivo X60 Pro jedoch eine klare Kaufempfehlung abgeben. Gerade als Vorjahresmodell lohnt sich auch jetzt noch die Anschaffung, da der Preis deutlich gefallen ist, die Ausstattung jedoch noch bis auf längere Sicht zeitgemäß sein wird.
Der Biotar-Modus ist für Kenner der Materie sicherlich eine nostalgisch-schöne Funktion und versprüht einen Hauch von Exklusivität. Ob es für als Kaufargument ausreicht, muss jede und jeder für sich selbst entscheiden.
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