Virtueller Netzbetreiber (MVNO): Was ist das?
Virtueller Netzbetreiber und MVNO – Wofür steht das überhaupt?
Häufig stammen Fachbegriffe aus dem Englischen, so ist es auch beim Begriff MVNO der Fall. Die Abkürzung steht für Mobile Virtual Network Operator. Ins Deutsche übersetzt heißt das also mobiler virtueller Netzbetreiber. Virtuell deshalb, weil diese Mobilfunkanbieter kein eigenes Netz haben. Sie greifen dafür auf die Infrastruktur der hiesigen Netzbetreiber zurück.
Durch Kooperationsverträge mieten die Provider Netzkapazitäten eines Mobilfunknetzes und können Dir eigene Tarife offerieren. Virgin Mobile startete 1999 in Großbritannien als weltweit erster MVNO. Damals wurde ein MVNO noch so definiert, dass technisch jedwede Infrastruktur außer des Radionetzes (Luftschnittstelle) vorhanden sein muss.
Klassische MVNO (Full MVNO)
Bei klassischen MVNO handelt es sich um Anbieter mit eigenem Kernnetz im Mobilfunk. Du erkennst diese Anbieter daran, dass sie eine eigene Vorwahl schalten. Heißt: Die Vorwahl 015310 wirst Du nur bekommen, wenn Du einen Tarif bei MTEL abschließt. Normalerweise sind die Vorwahlen ja den Netzbetreibern zugeordnet. Mehr dazu weiter unten.
1&1 agiert sowohl als MVNO als auch mittlerweile als Netzbetreiber und hat ebenfalls ein Kernnetz.
Das Kernnetz kannst Du Dir als Herzstück des Mobilfunks vorstellen. Es sorgt für die Internet-, Telefonie-, und SMS-Verbindung und beinhaltet die Kundendaten.
- 1&1
- Truphone
- Sipgate
- Lyca Mobile
- MTEL
- Lebara
- Tismi
- Legos
- Multiconnect
- Argon Networks, Tochter von Sipgate
- TelcoVillage
Du findest in diesem Zusammenhang auch (seltener) den Begriff MVNE (Mobile Virtual Network Enabler).
Der Unterschied zwischen Zugangsnetz und Kernnetz
Überarbeitete Definition von MVNO
Da es sehr teuer für die Mobilfunkanbieter ist, den Großteil des Mobilfunknetzes selbst zu errichten und zu betreiben, entscheiden sich nur wenige für diesen Weg. Entsprechend hat sich auch die Definition mittlerweile gewandelt.
Aktuell findest Du MVNO hauptsächlich in zwei Typen vor:
- Ziel- oder Kundengruppenanbieter
- Discountanbieter
Die virtuellen Netzbetreiber heben sich oftmals mit eigenen Markennamen hervor. Als Basis dient stets ein Mobilfunknetz der Telekom, Vodafone oder Telefónica (o2), perspektivisch auch von 1&1.
MVNO: Ziel- oder Kundengruppenanbieter
Diese Variante spezialisiert sich explizit auf die Vermarktung von Mobilfunkprodukten über eine Marke. Sicherlich ist Dir freenet ein Begriff.
Neben diesem bekannten Vertreter der Ziel- oder Kundengruppenanbieter sind auch die zahlreichen Drillisch-Marken erwähnenswert. Darunter:
- sim.de
- smartmobil.de
- winSIM
- discoTEL
- maXXim
- PremiumSIM
Während Du von freenet in der Stadt Geschäfte vorfindest, haben die Drillisch-Produkte keine lokalen Standorte.
MVNO: Discountanbieter
Mit Abstand den Löwenanteil nehmen die sogenannten Discountanbieter ein. Dabei muss es sich aber nicht zwingend um Tarife handeln, die Du nur beim Discounter wie ALDI bekommst. Vielmehr geht es um die Definition des günstigen Verkaufspreises. Hierzulande starteten Discountanbieter im Mobilfunkbereich durch einen Kaffeeröster durch. Du ahnst es sicher: Tchibo.
Vor 20 Jahren wurde das in Zusammenarbeit mit o2 realisierte Tchibo Mobil eingeführt. Der Erfolg inspirierte zahlreiche weitere Firmen, wodurch Wettbewerber wie ALDI TALK, LIDL Connect oder Kaufland mobil entstanden.
Hier eine Übersicht bekannter MVNO im Discounter-Bereich:
- ALDI Talk
- LIDL Connect
- Kaufland mobil
- Tchibo Mobil
- congstar
- Blau
- Fonic
- BILD mobil
- EDEKA smart
- fraenk
Rufnummern der MVNO
In Deutschland gibt es gemeinsame Grundvoraussetzungen für die Rufnummern des Mobilfunknetzes. So steht am Anfang immer die nationale Verkehrsausscheidungsnummer 0, gefolgt von der Netzkennung 15, 16 oder 17. Die Blockkennung ist die nächste Identifikation. Bei der Netzkennung 15 folgt sie mit zwei Ziffern, ansonsten stets mit einer Ziffer.
Die meisten Vorwahlen haben sich die Netzbetreiber unter den Nagel gerissen. Sie vermieten diese an die MVNO. Eine Ausnahme sind klassische virtuelle Netzbetreiber mit eigener Vermittlungstechnik und Rufnummerngasse. Wir listen nun die Vorwahlen passend zur MVNO-Kategorie auf.
Klassische MVNO
- 1&1: Vorwahl 015560 bis 015569
- Truphone: 01529
- Sipgate: 01579
- Lyca Mobile: Vorwahl 01521
- MTEL: Vorwahl 015310
- Lebara: 015510, 015511
- Tismi: 015019
- Legos: 015020
- Multiconnect: 015630
- Argon Networks: 015678 und 015679
- TelcoVillage: 015888
Ziel- oder Kundengruppenabieter / Discountanbieter
Diese Provider greifen auf die Vorwahlen der Netzbetreiber zurück. Du kannst die weiter unten eingefügte Anbieter-Liste mit den folgenden Vorwahlen abgleichen:
- Deutsche Telekom: 0151, 0152, 0154, 0155, 0156, 0157, 01510, 015181, 015182, 015183, 0160, 0170, 0171, 0175
- Vodafone: 01520, 01522, 01523, 01525, 01526, 0162, 0172, 0173, 0174
- Telefónica (o2): 015700, 015701, 015702, 015703, 015704, 015706, 01573, 01575, 01577, 01578, 01590, 0163, 0176, 0177, 0178, 0179
- 1&1: 015560 bis 015569
Anbieter-Liste mit genutztem Netz
- freenet (Telekom, Vodafone, o2)
- Drillisch-Marken (1&1, National Roaming im o2-Netz)
- Aldi Talk (o2)
- LIDL Connect (Vodafone)
- Kaufland mobil (Telekom)
- Tchibo Mobil (o2)
- congstar (Telekom)
- Blau (o2)
- Fonic (o2)
- BILD mobil (Vodafone)
- EDEKA smart (Telekom)
- fraenk (Telekom)
Unterschiede zu den regulären Mobilfunkanbietern
Kostenersparnis und Serviceleistungen
Geringe Investitionen und wenig Aufwand sorgen dafür, dass MVNO mehr Spielraum bei der Preisgestaltung haben. Deshalb findest Du dort günstigere Konditionen. Beispielsweise wird meistens an Ladengeschäften gespart. Der Vertrieb erfolgt oft über eine Webseite, das Telefon, Briefwerbung oder als reiner App-Tarif direkt über Dein Smartphone. Entsprechend variiert auch der Service.
Brauchst Du Hilfe bei Deinem Tarif, führt der Weg häufig über das Internet, eine Hotline oder einen Chat / Messenger. MVNO wollen Dich außerdem mit einer transparenten Tarifauswahl locken. Es gibt ein kompaktes und leicht verständliches Angebot. Außerhalb von Flatrates sind Preise für Minuten und SMS einheitlich gestaltet. Rechnungen werden meist per E-Mail, nicht per Post versendet.
Vorteile der virtuellen Netzbetreiber
Konkurrenz ist gut für Dich, denn diese drückt die Preise. Insbesondere bei den Discount-MVNO gibt es zahlreiche Wettbewerber. Das Geschäftsmodell ist auch deshalb so beliebt, weil es beim Einkauf präsent ist. Guthabenkarten von Congstar und Co. findest Du in fast jedem Supermarkt. Wiederum führen viele Supermärkte wie ALDI, Lidl, Edeka und Kaufland eigene Mobilfunkprodukte.
Kaufst Du also beispielsweise bei ALDI ein, kannst Du an der Kasse einfach ALDI-Talk-Guthaben holen. Ein interessantes Konzept sind auch die Jahrespakete. Diese beinhalten Flatrates für Telefonie und SMS sowie ein festgelegtes Datenvolumen für 365 Tage. Achtung: Das Datenvolumen erneuert sich meistens nicht jeden Monat, deshalb solltest Du gut haushalten.
Nachteile der virtuellen Netzbetreiber
Das Hauptargument, sich für einen Provider anstatt einen Netzbetreiber zu entscheiden, ist die geringere Gebühr. Allerdings sollte Dich das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch Schattenseiten gibt. Neben den zuvor erwähnten fehlenden Ladengeschäften ist die schleppende Evolution erwähnenswert. Neue Technologien oder Geschäftsmodelle finden nur langsam ihren Weg zu den MVNO. Obwohl sie das Funknetz eines etablierten Netzbetreibers nutzen, sind die eigentlichen Funktionen des Netzes nicht unbedingt auch bei den MVNO vorhanden – es sei denn, die Funktionen werden im Kernnetz selbst abgebildet.
So hat es beispielsweise lange gedauert, bis der moderne Mobilfunkstandard 5G bei vielen Anbietern Einzug hielt. Teilweise gibt es immer noch Provider, die Dir nur Produkte mit LTE (4G) offerieren. Branchentrends wie All-Net-Flatrates oder Unlimited-Datenvolumen feiern ebenfalls zuerst bei den Netzbetreibern ihr Debüt. Ferner ist die Internetgeschwindigkeit bei MVNO oft niedriger.
Die beliebtesten MVNO in Deutschland
Allzu spendabel sind die Anbieter im Vergleich zu den Netzbetreibern bei der Bekanntgabe der Kundenzahl nicht. So sind die meisten folgenden Angaben Schätzungen von Branchenkennern. Mit Abstand am beliebtesten ist 1&1. Wiederum hat Aldi Talk als erster deutscher Mobilfunk-Discounter im Juli 2023 das 5G-Netz für seine Kunden geöffnet.
Nun die (teils geschätzte) Teilnehmerzahl der erfolgreichsten hiesigen MVNO:
- 1&1 (12,3 Millionen Kunden)
- Aldi Talk (8 Millionen Kunden)
- freenet (7,5 Millionen Kunden)
- Congstar (5 Millionen Kunden)
- Lebara (3,5 Millionen Kunden)
- Fonic (2,4 Millionen Kunden)
- Tchibo Mobil (1,4 Millionen Kunden)
- NettoKom (1 Million Kunden)
- maXXim (über 200.000 Kunden)
- MTEL (200.000 Kunden)
Fazit: MVNO oder direkt zum Netzbetreiber?
Wie Du siehst, ist das Thema der virtuellen Netzbetreiber äußerst komplex. Ob Du solch ein Angebot wahrnehmen solltest oder doch lieber direkt zu Telekom und Co. gehst, hängt von Deinen Bedürfnissen ab. Beide Konzepte haben ihre Vor- und Nachteile. Die Produkte unterscheiden sich oft je nachdem, um welche der drei Varianten es sich handelt:
- Klassischer MVNO (Full-MVNO)
- Ziel- oder Kundengruppenanbieter
- Discountanbieter
Wenn Dir vor allem ein günstiger Preis wichtig ist, bist Du bei einem MVNO an der richtigen Adresse. Das trifft auch zu, wenn Du Prepaid über anstatt eines Laufzeitvertrags favorisierst. In diesem Bereich gibt es bei den virtuellen Netzbetreibern nämlich viel Auswahl. Außerdem lassen sich Guthabenkarten für Congstar, Aldi Talk, Lidl Connect und Co. bequem an der Supermarktkasse erwerben.
Sind Dir hingegen die Leistung und der Kundensupport am wichtigsten, solltest Du eher nach einem Angebot eines Netzbetreibers wie der Telekom oder Vodafone schauen. Dort gibt es stets das schnellste mobile Internet, moderne Telefonie über LTE und 5G sowie eine umfassende Unterstützung bei Problemen. Auf Wunsch auch in den zahlreichen Filialen vor Ort.
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