Schall via Luft & Knochen für ohrfreien Sporthörer

Shokz OpenRun Pro 2 im Test: Bessere Bässe dank Doppel-Rumms?

Diese Kombi soll tiefer knallen: Shokz neuer Open-Ear-Kopfhörer überträgt den Ton sowohl über die Schläfe als auch über das Ohr. Das Ziel: ein runder Klang mit mehr Bässen. Klappt das? Der Test klärt's.
Shokz OpenRun Pro 2 vor Hintergrund

In Shokz neuem Sportkopfhörer stecken insgesamt vier Lautsprecher. Zwei davon sollen den Bass verbessern. Ob das klappt, muss der OpenRun Pro 2 im Test beweisen. (Bild: Berti Kolbow-Lehradt / Handyhase.de)

Du möchtest unterwegs etwas per Kopfhörer lauschen, aber gleichzeitig Geräusche aus der Umgebung mitbekommen können? Genau das versprechen sogenannte Open-Ear-Kopfhörer. Sie stecken nicht im Ohrkanal und blockieren ihn daher nicht für Außengeräusche. Den Open-Ear-Ansatz gibt es in zwei Varianten. Manche Kopfhörer hängen wie Lautsprecher etwas versetzt vor der Ohrmuschel und übertragen den Schall per Luftdruck. Eine andere Variante ist die Übertragung per Knochenschall.

Den Ton nimmst Du dabei über Vibrationen an Deinem Schläfenknochen wahr. Der Vorteil: Das Ohr bleibt in diesem Fall komplett frei. Doch damit geht auch ein bisheriger Nachteil einher: Der Bass ist bei Knochenschall-Bauweise häufig schwach zu hören, sodass Musik dünn klingt.

Beim auf der IFA 2024 vorgestellten Modell OpenRun Pro 2 will der Hersteller Shokz dieses Manko beseitigt haben, indem er beide Spielarten des Open-Ear-Konzepts kombiniert. Zusätzlich zum Knochenschall des bisherigen OpenRun Pro gibt es einen Lautsprecher vor dem Ohr, wie ihn sonst etwa das Kopfhörermodell Shokz OpenFit verwendet. In der Theorie hört sich die Kombination nach einer guten Idee an. Aber wie klingt das in der Praxis?

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Design und Tragekomfort: Geschmeidig in den Nacken

Der OpenRun Pro 2 ist ein Bluetooth-Kopfhörer mit Nackenbügel für sicheren Halt beim Sport. Bei flüchtigem Blick unterscheidet sich Shokz neues Modell kaum von anderen Fitnesslauschern.

Das Besondere erkennst Du erst bei genauerer Betrachtung. Die wichtigste Zutat sind zwei Briefmarken-große Treibergehäuse, die über den Bügel miteinander verbunden sein. Die Treibergehäuse sind etwas vor dem Ohr platziert. In jedem der Miniboxen stecken beide Übertragungsarten. An der Innenseite ist ein Treiber auf Schädelknochen ausgerichtet. Nach hinten, Richtung Ohr, strahlt der klassische Lautsprecher ab. Beide Treiber sind mit einem feinporigen Grill versehen. Das ist der einzige Anhaltspunkt, um überhaupt zu sehen, wo der Ton herauskommt.

Shokz OpenRun Pro 2 Lautsprechergehäuse

In den Lautsprechergehäusen stecken je zwei Treiber. Einer überträgt Vibration an den Schädelknochen, der andere Luftschall ins Ohr. (Bild: Berti Kolbow-Lehradt / Handyhase.de)

Die Kopfhörertreiber gehen in einen dünnen Ohrbügel über, der hinter den Ohren zwei weitere rechteckige Boxen in Position hält. Innen steckt Elektronik, außen sind Tasten angebracht. Letztere sind gut zu erfühlen.

Ansonsten schmiegt sich der Kopfhörer mit sanftem Anpressdruck kaum spürbar an die Haut. Die Technik ist in einen weichen Silikonmantel eingehüllt. Das Gewicht von 30,2 Gramm ist gering. Dadurch trägt sich der OpenRun Pro 2 im Test grundsätzlich sehr angenehm.

Es gibt wenige Ausnahmen: Der Nackenbügel drängelt sich hin und wieder an einem Ohr zwischen Haut und einem Brillenbügel. Das drückt dann, lässt sich aber beheben, indem wir den Brillenbügel lockern. Außerdem fällt der Nackenbügel negativ auf, wenn wir uns auf der Couch zurücklehnen. Dabei schiebt er die Treiber nach vorne. Ist das ein häufigerer Störfaktor, lohnt sich ein Griff zum Modell mit kleinerem Bügel. Shokz deklariert es als „Mini“ im Vergleich zum Standardmodell. Beim normalen Tragen im Alltag und auch beim Sport stört der größere Bügel aber nicht.

Apropos Sport. Dabei ist der Shokz OpenRun Pro 2 auch deshalb gut aufgehoben, weil er gemäß IP55-Schutzklasse gegen Schweiß und Wasser abgedichtet ist. Brauchst Du ihn gerade nicht, lässt sich der Kopfhörer in einer im Lieferumfang enthaltenen Transporttasche verstauen.

Shokz OpenRun Pro 2 mit Transporttasche

Praktisch: Eine Transporttasche gehört zum Lieferumfang. (Bild: Berti Kolbow-Lehradt / Handyhase.de)

Einrichtung und Bedienung: Praktische Tasten und App-Extras

Den OpenRun Pro 2 im Test einzurichten und zu bedienen, geht schnell und reibungslos. Am rechten Mittelstück hinter dem Ohr befindet sich eine Lauter-Taste, die gleichzeitig als Kopplungsknopf dient. Damit lässt sich Shokz‘ Neuzugang mit jedem gängigen Bluetooth-Zuspielgerät verbinden.

An eine Bedienung direkt am Gehäuse hat der Hersteller ebenfalls gedacht. Neben der Lauter/Koppel-Taste am rechten Mittelstück gibt es eine für „Leiser“. Zusätzlich befindet sich am linken Treiber ein Multifunktionsknopf, der Stücke bei einem Druck startet oder pausiert. Zweimaliges drücken führt zum nächsten Stück, dreimaliges zum vorherigen.

Tasten am Gehäuse des Shokz OpenRun Pro 2

Mit den Tasten am Mittelstück lässt sich der OpenRun Pro 2 im Test prima bedienen. (Bild: Berti Kolbow-Lehradt / Handyhase.de)

Zusätzlich bietet Shokz eine App für Android und iOS mit Extras. Schaltflächen für die Musiksteuerung findest Du darin auch. Aber das ist nicht der Hauptzweck der Anwendung. Vielmehr prüfst Du darin den Ladestand und aktivierst Multipoint-Pairing für einen automatischen Wechsel zwischen zwei Zuspielgeräten.

Der wichtigste Anreiz ist jedoch, in den Klang eingreifen zu können. Ein Equalizer ermöglicht mit vier Profilen, die Bässe oder oder Höhen anzuheben, die Mitteltöne für Gespräche zu betonen oder zum Standardklang zurückzukehren. Alternativ dazu ziehst Du an fünf Reglern, um die Frequenzbereiche Deinem persönlichen Geschmack anzupassen?

Aber ist das überhaupt nötig?

So klingt der Open Run Pro 2 im Test

Sporttauglichkeit und einfache Bedienung sind ja gut und schön. Aber Shokz hat sich beim neuen Modell vor allem eine klangliche Leistungssteigerung als Ziel gesetzt. Erreicht er dieses?

Der Auftrag der Doppeltreiber ist klar: Die für den Knochenschall zuständige Komponente soll hohe Töne wiedergeben. Um die Bässe soll sich der 18 mm × 11 mm große Niederfrequenz-Luftleitungstreiber kümmern. So soll das ganze Frequenzspektrum vernünftig abgedeckt sein.

Unser ausführlicher Test bestätigt die erste Hörprobe auf der IFA 2024. Der Mittenbereich gefällt, die Stimmen kommen klar rüber. Im Höhenbereich sind die Hi-Hats detailliert zu hören, bleiben aber im Hintergrund. Ob Du sie so zurückhaltend magst oder lieber präsenter, ist Geschmackssache. Mit den Klangprofilen oder dem Equalizer der Shokz-App hebst Du sie auf Wunsch zusätzlich an.

Der obere Bass kommt kraftvoll rüber. Bei den sehr tiefen Frequenzen, etwa bei einer Kick-Drum, würden wir uns etwas mehr Punch wünschen. Hier kommt die Kopfhörerbauweise an ihre Grenzen. Insgesamt klingt der OpenRun Pro 2 im Test runder als andere Open-Ear-Kopfhörer. Mit dem Bass-Boost in der Hersteller-App lässt sich das sogar noch steigern, ohne den Klang zu verzerren. Der Vorgänger, der erste OpenRun, steht im Ruf, bei aufgedrehtem Bass zu vibrieren. Das hat Shokz abgestellt.

Im direkten Vergleich mit einem Luftschall-Open-Ear wie dem OpenFit Air gibt der OpenRun Pro 2 Höhen weniger quäkig wider. Und im Unterschied zu einem Knochschall-Kopfhörer wie dem OpenSwim Pro spielt der Neuzugang deutlich voller auf. Beide Techniken zu kombinieren, zahlt sich aus. Dabei macht Shokz einen guten Job.

Shokz OpenRun Pro 2 neben Shokz OpenSwim Pro und Shokz OpenFit Air

Im direkten Vergleich klingt der OpenRun Pro 2 (oben) im Test voller als der Knochenschall-Kopfhörer OpenSwim Pro (links) und weniger quäkig als der Luftschall-Kopfhörer OpenFit Air (rechts). (Bild: Berti Kolbow-Lehradt / Handyhase.de)

Dennoch gilt: So warm, dynamisch und laut wie In-Ear- oder Over-Ear-Kopfhörer klingt auch das neue Modell mit der Doppel-Rumms-Technik nicht. Auch nicht ganz so filigran. Als Audio-Codec akzeptiert das Modell nur SBC, nichts Hochauflösendes wie aptX und AAC.

Für ein Open-Ear-Modell bietet der Shokz OpenRun Pro 2 im Test aber einen tollen Sound.

Kein Ruhestifter, aber eine gute Telefonhilfe

Ungeachtet der klanglichen Fortschritte bleibt ein Manko der Open-Ear-Bauweise auch beim OpenRun Pro 2. Hört jemand damit Musik, können Außenstehende diese mithören, zumindest auf einer Distanz, wie sie zwischen Sitznachbarn in öffentlichen Verkehrsmitteln besteht. Zwar versucht Shokz diesen Effekt durch Richtschall zu mindern. Doch ganz so still wie bei einem geschlossenen Kopfhörer ist es um den OpenRun Pro 2 herum einfach nicht.

Umgekehrt lässt der Open-Ear-Kopfhörer Umgebungsgeräusche weiterhin ungefiltert durch, auch dann, wenn Dir Ruhe vielleicht lieber wäre. Das ist natürlich dem Prinzip der Bauweise geschuldet. Als Lärmschutz etwa in einem Großraumbüro ist der OpenRun Pro 2 jedenfalls weder gedacht, noch geeignet.

Doch nur, weil er als Sportbegleitung konzipiert ist, musst Du ihn ihm Büro nicht komplett außen vorlassen. Als Telefonhilfe ist er nützlich. Sprache transportierte der OpenRun Pro 2 im Test zwar etwas dünn und nicht allzu laut, aber auf beiden Seiten kam das Gesagte gut verständlich und unangestrengt hörbar an.

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Akku: Hält lange, schnell wieder voll

Ob Du den OpenRun Pro 2 nun für längere Trainings oder den ganzen Tag über als Bürokopfhörer trägst – die Akkulaufzeit macht Dir dabei keinen Strich durch die Rechnung. Mit einer Akkuladung bietet das Modell laut Hersteller zwölf Stunden Spielzeit. Das sind zwei Stunden mehr als das Vorgängermodell bot. Im Test kamen wir bei 50 Prozent Lautstärke auf 12 Stunden und 35 Minuten.

Wer es beim Aufladen eilig hat, tankt laut Shokz in fünf Minuten genug Energie für 2,5 Stunden Laufzeit auf. Vermutlich reicht es sogar für mehr. Im Test zeigt die Ladeanzeige der App nach dieser Ladedauer bereits 40 Prozent Kapazität an.

Vollaufgeladen ist das Gerät Shokz zufolge innerhalb einer Stunde. Uns reichen im Test 55 Minuten. Fürs Aufladen verwendest Du ein handelsübliches Ladekabel. Den herstellereigenen Ladeanschluss des ersten OpenRun Pro hat Shokz bei der Neuauflage ausgemustert. Entweder betankst Du den Energiespeicher mit dem mitglieferten USB-C-Kabel oder einem beliebigen anderen Kabel gleichen Anschlusstyps.

USB-C-Ladeanschluss des OpenRun Pro 2

Den proprietären Ladeanschluss hat Shokz gestrichen. Mit einem gängigen USB-C-Kabel lässt sich der OpenRun Pro 2 im Test laden. (Bild: Berti Kolbow-Lehradt / Handyhase.de)

Fazit zum Shokz OpenRun Pro 2 im Test

Shokz ist ein Pionier bei Open-Ear-Kopfhörern und bringt mit dem Neuzugang etwas, das Maßstäbe setzt. Da stimmt fast alles beim OpenRun Pro 2 im Test. Zuallererst bietet er den besten Klang, den Shokz derzeit aus Kopfhörern rausholt. Das Konzept, die Schallübertragung via Luft und Knochen zu kombinieren, geht auf. Gerade die tiefen Frequenzen klingen dadurch voller. Auch andere Qualitäten können überzeugen. Das geringe Gewicht und die flexible Silikonhülle sorgen für hohen Tragekomfort. Allerdings ist nicht ausschließen, dass sich der Ohrbürgel mit einem Brillenbügel störend in die Quere kommt. Die Bedienung sowohl per Gehäusetasten als auch per App ist durchdacht und praktisch. Die Akkulaufzeit ist ausreichend lang für mehr als einen Bürotag und einige Trainingseinheiten. Als Headset fürs Telefonieren in ruhigen Umgebungen ist der Kopfhörer gut geeignet.

Dass das Open-Ear-Modell keinen störenden Umgebungslärm fern hält, ist nachvollziehbar. Es ist ja gerade dafür gedacht, dass dir nichts Wichtiges um Dich herum entgeht. Schade ist aber, dass Umstehende viel von dem mitbekommen, was die Lautsprecher wiedergeben. Hier gibt es noch Raum für Verbesserung.

Ungeachtet dieser kleineren Kritik bietet der Shokz OpenRun Pro 2 im Test einen gelungenen Kompromiss zwischen Umgebungswahrnehmung und Klangqualität. Das Modell eignet sich prima, wenn Du Deine Umgebung wahrnehmen möchtest, ohne aufs Musikhören zu verzichten. Obwohl der Kopfhörer audiophile Ansprüche nicht vollständig erfüllen kann, bietet er im Vergleich zu anderen Open-Ear-Modellen eine starke Leistung.

Vorteile
  • Guter, voller Klang für ein Open-Eear-Modell
  • Hoher Tragekomfort
  • Einfache Bedienung
  • Lange Akkulaufzeit
Nachteile
  • keine hochauflösenden Codecs
  • Umstehende hören mit
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Profilbild von Berti Kolbow-Lehradt
Berti ist freier Technikjournalist mit einem Her(t)z für Smartes - vom Smartphone bis zum Smart Home. Weil er dazu gerne Tipps gibt, trägt er den Beinamen "RatgeBerti" und schreibt darüber außer für die Handyhasen für viele weitere große Magazine. (Foto: Daniel Kunzfeld)

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