Mut zur Lücke

Produktinformationsblatt für Handytarife: Transparent geht anders!

Das Produktinformationsblatt (PIB) soll über die wichtigsten Vertragsdetails aufklären und mehr Transparenz schaffen. Wirklich? Handyshops und Reseller, Tarifmarken und Netzbetreiber verlinken es zwar als PDF – mal mehr, mal weniger gut versteckt. Aber es vereint nicht alle Informationen auf einer Seite, im Gegenteil. Meistens ist tatsächlich ein zweiter oder gar dritter Blick notwendig.
Produktinformationsblatt für Handyverträge (Bild: Pixabay @jackmac34)

Produktinformationsblatt für Handyverträge: Alles andere als transparent! (Bild: Pixabay @jackmac34)

Produktinformationsblatt für Handytarife per Gesetz vorgeschrieben

Das Produktinformationsblatt ist gesetzlich vorgeschrieben. Zu verdanken sind die Informationsblätter der Transparenzverordnung der Bundesnetzagentur, die Ende 2016 erlassen wurde. Sie soll seit 01.06.2017 für mehr Klarheit und standardisierte Angaben im Telekommunikationssektor sorgen. Und so dem Verbraucher beim Vergleichen helfen.

Entsprechende Muster stellt die Bundesnetzagentur zur Verfügung (HIER als PDF). Und diese gleich mit einer Anleitung versehen, um das Ausfüllen zu erleichtern.

Die Intention ist klar:

»Die standardisierten Informationen schaffen eine völlig neue Form der Transparenz auf einen Blick. Um den Inhalt eines Vertrages schnell beurteilen zu können, müssen Verbraucher nicht mehr das Kleingedruckte studieren

Quelle: Pressemitteilung der BNetzA vom 17.2.2017

Das klappt allerdings nicht wirklich zuverlässig. Im Gegenteil.

Produktinformationsblatt (PIB) soll über Mobilfunktarife informieren

Wesentliche Angaben zum Mobilfunkvertrag (und Festnetzvertrag) sind im Produktinformationsblatt (kurz: PIB) zu nennen.

Laut Bundesnetzagentur stehen die wichtigsten Angaben zum Mobilfunkvertrag (und Festnetzvertrag) im Produktinformationsblatt:

  • verfügbare Datenübertragungsraten
  • Vertragslaufzeiten
  • Voraussetzungen für die Verlängerung des Vertrages
  • Voraussetzungen für die Beendigung des Vertrages (=Kündigung)
  • Kosten

Weitere Transparenzmaßnahmen unterstützen das Produktinformationsblatt

Das Produktinformationsblatt ist aber nur ein Schritt für mehr Transparenz im Mobilfunk. So wird in monatlichen Rechnungen ab Dezember 2017 zum Beispiel auch das Ende des Mindestvertragslaufzeit des jeweiligen Vertrags genannt. Außerdem die Kündigungsfrist – und der letzte Kalendertag, an dem die Kündigung möglich ist.

Zudem sollen Anbieter seitdem auf die Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Internetanschlusses hinweisen – per Breitbandmessung. Wie Du einen Handy-Speedtest durchführst, liest Du in einem eigenen Beitrag nach.

Mit den neuen Kundenrechten im Mobilfunk sollte im Dezember 2021 übrigens alles besser werden: Nämlich durch eine klare und leicht verständliche Vertragszusammenfassung mit den wichtigsten Vertragsbedingungen, so die Bundesnetzagentur auf ihrer Infoseite.

Verlinkt sind die Produktinfoblätter allerdings nach wie vor. Und genau diese Diskrepanzen können im Endeffekt zu größeren Fragezeichen und rauchenden Köpfen führen.

Kritik: Produktinformationsblätter stimmen meist nicht

Prinzipiell ist es natürlich eine lobenswerte Sache, wichtige Angaben in Produktinformationsblättern übersichtlich zusammenzufassen.

Allerdings: Die Produktinformationsblätter kommen meist mit Falschangaben. Fake-Informationsblätter wäre wohl der richtige Ausdruck, auch wenn’s hart klingt. Was drin steht, stimmt meistens nicht.

Der Grund ist einfach: Das PIB zeigt den Basistarif. Keine Sonderleistungen, keine Rabatte.

Aber schauen wir uns das mal genau an!

PDF zeigt nur die Basis-Tarifdaten, keine Aktionen

Das Informationsblatt enthält allerdings nur die Basis-Daten eines Vertrags – die in der Realität anders aussehen können.

Das führt tatsächlich zu Verwirrungen. Nämlich genau dann, wenn Du zur Sicherheit das entsprechende PDF beim Anbieter öffnest. Und dort andere Angaben als im Angebot findest.

Das wiederum führt zu einem größeren Aufwand durch Service-Kontakte und Nachfragen beim Anbieter. Auch wir erhalten immer wieder Rückfragen. Mitunter wurde uns schon berichtet, dass Handyverträge widerrufen wurden – aus Sorge, dass das Angebot falsch sei, nur die Angaben im Produktinformationsblatt gelten. Dabei war es eben genau andersherum.

Zu sehr solltest Du Dich ohnehin nicht auf die Angaben im Produktinformationsblatt verlassen. Denn wie schon geschrieben: Dort findest Du nur die Basis-Angaben zum Vertrag.

  • Wird ein Tarif rabattiert angeboten, geht das oft nicht aus dem Produktinformationsblatt hervor: Der Normalpreis ist angegeben.
  • Das angegebene Datenvolumen kann laut Produktinformationsblatt zum Beispiel geringer ausfallen, wenn es aktionsweise mehr Daten zum Tarif gibt.
  • Informationen über den Anschlusspreis fehlen oft ganz. Auch enthaltende Flatrates (SMS-Flat bzw. Preise über die Höhe der Einheiten) entfallen.
  • Auch eine aktionsweise erhöhte Surfgeschwindigkeit fällt unter den Tisch.
  • Wenig erfreulich: Was passiert, wenn sogenannte Testoptionen den Vertrag ergänzen? Etwaige Kosten nach der Testphase, die ohne Kündigung anfallen, bleiben in der PDF unberücksichtigt. Das Produkt-Info-Blatt vermittelt hier also unter Umständen eine falsche Sicherheit.

Produktdatenblatt für Handyverträge ohne Netz

Und eine Sache stößt uns besonders auf: Wo steht denn eigentlich das Netz? Und ob 5G bereits verfügbar ist? Vor allem bei Angeboten in D-Netz-Qualität, die schwammig formuliert sind (D1 oder D2?), wirst Du auch durch das Produktdatenblatt nicht schlauer.

Ein wenig absurd erscheint es da schon, dass seitens der Bundesnetzagentur selbst die Farbgestaltung, die Schriftart und Schriftgröße des Produktinformationsblattes klar geregelt und sogar mit einem Beispiel versehen ist: „Um die Übersichtlichkeit und Lesbarkeit in den Tabellen zu erhöhen, sollten die Füllfarben zwischen den einzelnen Zeilen in den Tabellen wechseln.“

Handyvertrag-Produktinfoblatt im Check

Hier nur eins von vielen Beispielen anhand der congstar Allnet-Flat. Diese ist aktionsweise mit 32 GB Datenvolumen ausgestattet und kostet 27 Euro im Monat, noch dazu ist die LTE-50-Option freigeschaltet (Screenshot März 2023).

Produktinfoblatt von congstar vs. Tarifdetails

Die Tarifdetails zeigen andere Angaben als das Produktinformationsblatt von congstar

Wer sich nun die Mühe macht, das Produktinformationsblatt aufzurufen, der stößt auf ganz andere Angaben.

Immerhin: congstar verweist auf die Preisliste und AGB für weitere Informationen – was allerdings auch nicht unbedingt erhellend sein dürfte, schließlich muss sich nun noch umständlich durchgeklickt und die Fülle unterschiedlicher Dokumente nach genau dem gefragten Tarif durchsucht werden.

congstar Produktinformationsblatt

Beim congstar Produktinformationsblatt stimmen weder Preis noch Datenvolumen noch Geschwindigkeit

Ähnlich sieht es bei freenet aus: Wir haben uns ein Aktionsangebot herausgegriffen, nämlich den  freenet green LTE im Vodafone-Netz mit 20 GB Datenvolumen, der nur kurz auf 9,99 € im Monat reduziert ist.

Im Produktinformationsblatt sind weder die rabattierte Grundgebühr, noch der erstattbare Anschlusspreis noch die SMS-Flat zu finden. Nervig, unnötig und im Zweifelsfall auch schlecht für den Provider oder Handyshop:

Denn die laut PIB ausgerufenen Mondpreise werden wohl nicht zu einem Abschluss motivieren. Der Verweis auf „weitere Vertragsunterlagen“ ist unserer Meinung nach auch viel zu schwammig. Hier dürften gerade vorsichtige Verbraucher*innen ihre Schwierigkeiten haben.

freenet green Produktinformationsblatt

Im freenet green Produktinformationsblatt schreckt der hohe Normalpreis ab, vom Rabatt keine Spur …

Vertragsdetails im Kleingedruckten und der Auftragsbestätigung statt im Infoblatt

Im Endeffekt nutzt es wohl nichts: Das genaue Studium des Kleingedruckten im Vertragsangebot ist und bleibt eben doch Pflicht. Wobei das Infoblatt zwar eine nette Ergänzung sein kann. Dafür ist aber eben auch wichtig zu wissen, was es leistet. Und was eben nicht!

Prüfe also unbedingt das Kleingedruckte und Deine Auftragsbestätigung, die Du nach Tarifabschluss erhältst.

  • Wo sind wichtige und grundlegende Informationen, die bei der Entscheidung für oder gegen einen Tarif helfen? Auch Jahre nach Einführung des Produktinformationsblattes ist das PDF aus unserer Sicht alles andere als informativ.

Fazit: Den Klick aufs PIB kannste Dir sparen!

Du kommst nach wie vor nicht um einen Blick ins Kleingedruckte drumherum, auch wenn die Bundesnetzagentur in ihrer Pressemitteilung bereits 2017 vollmundig etwas anderes angekündigt hat. Das Produktinformationsblatt hat sich leider als Nebelkerze entpuppt, das den Speicherplatz oder gar das Papier nicht wert ist, auf dem es gedruckt ist.

Den Klick kannste Dir also getrost sparen!

Ein Blick ins PIB stiftet vielmehr Verwirrung, als für Klarheit und die vielgelobte (und zweifelsfrei wichtige!) Transparenz zu sorgen. Liebe Bundesnetzagentur, hier besteht dringender Verbesserungsbedarf!

Studiere alternativ genau das Kleingedruckte. Oder, klar, schau in die Handy-Angebote hier bei uns auf Handyhase.de: Dort findest Du alle Kosten und Vertragsdetails auch noch einmal aufgeschlüsselt.

Tarife mit Handy

Häufige Fragen rund um das Produktinformationsblatt (PIB)

🤷‍♀️ Was steht im Produktinformationsblatt?

Im Produktinformationsblatt stehen die Basisdaten zum Tarif. Besonders wichtig zu wissen ist, dass nur das reguläre Datenvolumen und der Normalpreis drinstehen. Relevant bei Abschluss sind die Angebotsdetails bzw. das Kleingedruckte Deines Tarifs.

❌ Was steht nicht im Produktinfoblatt?

Nicht im Produktinfoblatt enthalten sind das Netz sowie besondere Aktionen, die den Tarif meist erst interessant machen. Dazu gehören eine niedrigere Grundgebühr, mehr Datenvolumen und eine höhere Handy-Geschwindigkeit.

❗️ Welche Informationen müssen im Produktinformationsblatt enthalten sein?

Im Produktinformationsblatt müssen Informationen über den Vertrag enthalten sein. Dazu gehören verfügbare Datenübertragungsraten, Vertragslaufzeiten, Voraussetzungen für die Verlängerung des Vertrages, Voraussetzungen für die Beendigung des Vertrages (=Kündigung) und Details zu den Kosten.

😨 Ist das Produktinformationsblatt falsch?

Die Angaben im PIB decken sich nicht immer mit dem Kleingedruckten und der Auftragsbestätigung. Das Produktinformationsblatt ist jedoch nicht direkt falsch: Es zeigt die Details rund um den Basistarif ohne Angebote oder Aktionen.

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Profilbild von Stefanie
Schon seit 2011 ist Steffi als Redakteurin für verschiedene Online-Magazine und -Blogs unterwegs. Für Technik begeistert sie sich jedoch schon viel länger. Ihr erstes Handy? Ein Nokia 3310. Nach einem iPhone und einem Windows Phone (nein, kein Witz!) begleitet sie mittlerweile ein Android-Smartphone durchs mobile Leben.