WhatsApp, Telegram und Co: EU legt Entwurf zur Chatkontrolle vor
Apples im vergangenen Jahr geplante Technik zur Identifizierung kinderpornografischer Inhalte in Fotomediatheken stieß auf riesigen Widerstand im Netz. Ein nun geplanter Entwurf der EU-Kommission, den netzpolitik.org veröffentlichte, soll noch wesentlich weiter gehen und laut Datenschützer gar Regelungen zur Privatsphäre teils komplett aushebeln.
Künstliche Intelligenz: Inhalte scannen und Verschlüsselungen aushebeln
Die Verbreitung sexueller Gewalt gegen Kinder soll in der Europäischen Union weiter eingedämmt werden. Ein neuer Entwurf für ein Gesetz, der Messenger-Dienste wie WhatsApp, Telegram, Signal und Co. mehr in die Pflicht nimmt, ist nun veröffentlicht worden. Dieser ist zwar noch nicht in Kraft getreten, doch ruft dieser nun vehement Datenschützer auf den Plan, die einen kritischen Eingriff in die Privatsphäre sehen.
Der neue Entwurf zur Chatkontrolle sieht vor, dass Messenger-Dienste mit einer künstlichen Intelligenz (KI) noch nicht versendete Inhalte, die auf den Geräten liegen, durchleuchtet. Ergibt die „virtuelle Durchsuchung“ einen Treffer, soll dieser noch einmal von einem dafür ausgebildeten Menschen kontrolliert und danach gegebenenfalls an die Behörden weitergeleitet werden. Damit wird die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Dienste quasi ausgehebelt, da die Inhalte bereits vor dem Versenden kontrolliert werden.
Wie das Ganze im Detail umgesetzt werden soll, steht im Entwurf der EU-Kommission zur Chatkontrolle aber nicht. Dafür wären später laut Dokument die Dienste verantwortlich, die sicherstellen müssten, dass das System schlussendlich effektiv arbeite. Die Anwendung einer solchen Maßnahme käme allerdings in der Charakteristik einem Staatstrojaner gleich und vor allem Datenschützer sehen hier enorme Probleme.
CCC nennt Chatkontrolle eine „fehlgeleitete Überwachungsmaßnahme“
Der Chaos Computer Club (CCC) meldete sich ebenfalls zu Wort und beschreibt die von der EU geplante Chatkontrolle einen „Angriff auf jegliche vertrauliche Kommunikation“. Nichts was dann über die Chat-Programme laufen würde, wäre dann noch in irgendeiner Form privat. Es wäre eine „fehlgeleitete Überwachsungsmaßnahme“, da die große Mehrheit der Täter ihre strafrechtlichen Inhalte über andere Kanäle verteilen und/oder beziehen.
Sicherheitsforscher haben Bedenken, dass die Implementation der Technik eine Hintertür für Behörden zulässt oder sogar zur Pflicht werden könnte, damit diese im Notfall auf die Kommunikation zugreifen können. Ein solches System würde in den falschen Regierungshänden zur Massenüberwachung führen, warnen Datenschützer schon seit der von Apple vorgestellten Technik.
Trotz der aktuell wieder stark aufkochenden Kritik, will die Europäische Union allerdings an der Chatkontrolle festhalten. Die Politiker sehen hier einen großen Schritt im Kampf gegen den Missbrauch von Kindern im Internet und die Verbreitung daran zu verhindern.
Kommentar verfassen