Universal Stylus Initiative gegen den Rest

Warum Stylus-Stifte für Smartphones und Tablets viel zu teuer sind

Ein Stift für ein Smartphone oder Tablet kostet gerne um die 100 Euro. Doch das liegt nicht immer an den Produktionskosten. Vielmehr schützen die Hersteller ihren Zubehörmarkt. Die Universal Stylus Initiative (USI) stört sich daran, auch weil manche Hersteller USI nutzen und minimal abwandeln, damit es inkompatibel ist. Handyhase sprach mit der USI in Las Vegas.

Ein USI-Stift auf einem reMarkable-Tablet. (Foto: Andreas Sebayang/Handyhase.de)

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Wer einen Stift für ein Smartphone oder ein Tablet kauft, muss oft tief in die Tasche greifen. 100 Euro und mehr sind gerade bei Tablets nicht selten. Viel Geld für ein kleines Gerät, das Du schnell einmal verlieren könntest.

Doch eigentlich müsste das nicht sein. Die Universal Stylus Initiative, kurz USI, arbeitet schon lange daran, die Industrie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ein Stift für alle Tablets und Smartphones, der für deutlich unter 50 Euro angeboten werden kann. Wer ein Chromebook hat, der weiß das heute schon zu schätzen, denn dort hat sich USI durchgesetzt – auch wenn das nicht immer ersichtlich ist. Du brauchst also nicht den Stift des Chromebook-Herstellers zu kaufen, sondern kannst einen beliebigen anderen Stift ganz nach Deinem Geschmack und Deinem Budget kaufen, USI sei Dank.

Im Gespräch mit der USI: Irgendwie kochen alle ihr eigenes Süppchen

Handyhase sprach auf der CES 2025 mit der USI über diesen Umstand und wie es dazu kam. Der Markt ist nämlich ziemlich unübersichtlich. Apple macht sein eigenes Ding, Samsung arbeitet mit einer speziellen Technik, Wacom nutzt AES für seine Zeichen-Tablets und Microsoft, ehemals in USI involviert, nutzt MPP, was mittlerweile wohl nicht mehr weiterentwickelt wird.

Das klingt schon chaotisch, oder? Stell Dir vor, Du müsstest für jeden Hersteller eines Rechners Deine eigene proprietäre Maus kaufen. Eine Apple-Maus würde nicht unter Windows funktionieren und andersherum. Zum Glück ist das nicht der Fall.

Davon ist der USI-Stylus, der Stift, den Du einfach zu anderen Geräten herstellerübergreifend nutzen kannst, aber leider noch weit entfernt.

Denn während Du den USI-Standard zwischen den meisten Chromebooks etwa frei nutzen kannst, wie die USI uns sagte, ist das bei Smartphones und Tablets nicht der Fall. Laut USI nutzen viele Hersteller zwar den USI-Standard, wandeln ihn aber teilweise leicht ab. Die Folge: Ein USI-Stift eines Chromebooks funktioniert schlimmstenfalls nicht auf einem Android-Tablet, obwohl das Tablet im Kern auf USI setzt.

Besonders frech ist demnach Oppo. Anfangs noch ein USI-Befürworter, nutzt Oppo USI zwar, doch der Hersteller hat laut Nachforschungen von USI angefangen, Bluetooth in den Stift zu integrieren. Normale USI-Stifte lassen sich allerdings nicht per Bluetooth koppeln, sind also ausgesperrt.

Das Pikante: Befindet sich aber ein Oppo-Stift in der Nähe, dann funktioniert laut Experimenten von USI ein standardkonformer Stift, der ebenfalls in der Nähe ist. Oppo kann offenbar nur über Bluetooth überprüfen, ob es der „richtige“ Stift ist, nicht über das USI-Protokoll, das direkt am Display anliegt. Sprich, Oppo unterstützt weiter USI, nur soweit abgewandelt, dass die regulären Stifte dann doch nicht funktionieren. Für die Initiative ist das ein klarer Fall, um den eigenen Zubehörmarkt vor günstiger Konkurrenz zu schützen. 

Auch Huawei und Xiaomi nutzen das USI-Protokoll, wandeln es laut der Initiative aber dezent ab, dass USI-Stifte nicht funktionieren.

reMarkable? Kann USI – fast

Irgendwo dazwischen ist reMarkable. Dessen Notizgeräte unterstützen USI. Doch Erkenntnissen der USI wurden auch hier Modifikationen vorgenommen. Immerhin sind USI-Stifte kompatibel, sie sollen allerdings nicht ganz so gut funktionieren, wie die Stifte von reMarkable, wie der YouTuber Kit Betts-Masters auch im folgenden Video gut zeigt:

Wer ein reMarkable-Notizgerät hat, erfährt zudem nichts von der Kompatibilität. Auf der Herstellerseite gibt es keine Hinweise zum Urheber der Technik, die reMarkable hier nutzt. Das ist allerdings vielleicht auch besser so, wie etwa bei Reddit nachzulesen ist.

Übrigens gibt es auch Hersteller, die immer wieder bei der USI anfragen. Dazu gehört etwa Samsung. Die Südkoreaner wollen offenbar auf einen Standard setzen. Doch irgendeine unbekannte Komponente verhindert dies noch und das obwohl die Samsung-Technik laut USI ziemlich teuer ist und im Wortsinne dick aufträgt. Samsung möchte demnach weg von der eigenen Technik, schafft es aber nicht.

Manchmal kann es übrigens auch passieren, dass Du versehentlich einen USI-Stift bekommst. Die Initiative hatte beispielsweise ein Notebook von Dell zu CES mitgebracht, das offiziell kein USI kann. Es gibt aber einige alte Dell Inspiron 14 die doch USI auf dem Display unterstützen und einen USI-Stift mitbringen. Das kannst Du aber nicht gezielt bestellen, denn der Zufall entscheidet, ob das USI- oder das konkurrierende AES-Protokoll installiert ist. USI hat es natürlich geschafft, ein Inspiron 14 mit USI-Technik zu bekommen, was dem Vernehmen nach nicht einfach war.

Ob sich das bald ändert? Noch in diesem Jahr will die Universal Stylus Initiative einen Entwurf von USI in der Version 3.0 veröffentlichen. Dazu fragt die Initiative die Hersteller nach Wünschen ab. Vielleicht reicht es dann, dass die Industrie verstärkt auf den Standard setzt und damit auch günstige Stifte dem passenden Funktionsumfang unterstützt. Ob man aber damit Microsoft oder Apple überzeugt? Wohl eher nicht, denn mit dem Zubehör lässt sich gut Geld machen. Vor allem, weil es Zubehör ist, das durchaus mal verloren gehen kann. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

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Profilbild von Andy
Andy ist seit September 2023 ein kleines Teilzeit-Rädchen (Häschen?) im Handyhase-Team. Bereits seit 2005 ist er schon als IT-Journalist tätig und war mal Sysadmin. Er hat einen Hang zu sehr besonderen Themen und Gesellschaft. Durch viele Reisen sind aber auch das Thema Flug und Zug zum Spezialgebiet geworden, das er in anderen Publikationen abdeckt.

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