Verbraucherschützer mahnen an

Telekom mit Datendrossel und die Initiative Netzbremse: schnelles Netz nur gegen Geld?

Macht die Telekom Teile des Internets absichtlich langsam? Dieser Vorwurf hat es in sich und wird vom Verband der Verbraucherzentralen erhoben – ein Einblick in das Prinzip des Peerings und die Frage, wie die Telekom hier seit Jahren für Frust sorgt.
Initiative Netzbremse

Bild: Initiative Netzbremse

Die Telekom gilt als Besitzerin des besten Netzes in Deutschland, nicht nur im Mobilfunk, sondern auch beim Festnetz hat der Magenta-Konzern quasi alle relevanten Netztests als Dauersieger abonniert. Dennoch gibt es Kritik an der Leistung des Netzes, und die hat auf den ersten Blick nichts mit den Geschwindigkeiten zu tun – schlussendlich dann aber doch.

Der Knackpunkt: Nicht alle Dienste laufen am Telekom-Anschluss gleich schnell. Wie zügig die Daten fließen, hängt damit zusammen, welchen Weg sie nehmen. Hier wirft der Verbraucherzentrale Bundesverband der Telekom eine gezielte Ungleichbehandlung von Unternehmen vor.

Der Hintergrund – die Telekom und das Peering

Die Performance eines Internetzugangs hängt neben der am Router verfügbaren Bandbreite noch von anderen Faktoren ab, die nichts mit der Leitung am Haus des Nutzers zu tun haben. Einer davon ist der Weg, den die Daten von einem Dienst zum Nutzer – und zurück – nehmen. Netzbetreiber wie die Telekom sind untereinander über viele Zusammenschaltungspunkte verbunden, auch Peerings genannt.

Die Konditionen dieser Datenübergabe sind zwischen den Providern vereinbart. Grundsätzlich gilt: Je mehr Peerings mit anderen Netzen, desto weniger Zwischenstopps nehmen die Daten und gelangen somit flotter ans Ziel.

Große Anbieter neigten grundsätzlich dazu, weniger Peerings einzugehen, so CTO Thomas King vom DE-CIX, dem größten europäischen Internetknoten in Frankfurt am Main bereits im Jahr 2021. Namen nannte er nicht, doch gilt die Telekom allgemein als Spitzenreiter der Peering-Vermeidung.

Der Vorwurf – verletzt die Telekom die Netzneutralität?

Nicht nur die Verbraucherschützer halten der Telekom immer wieder eine restriktive Peering-Praxis vor. Im konkreten Fall werfen die Verbraucherzentralen der Telekom vor, zahlungskräftigen – und vor allem zahlungswilligen – Unternehmen eine flotte Datendurchleitung zu ihren Kunden zu ermöglichen. Nicht zahlende Unternehmen müssen hingegen mit einer schlechten Leistung ihrer Dienste am Telekom-Anschluss leben.

Durch diese Praxis werde die Netzneutralität verletzt, was eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur rechtfertige, so die Verbraucherschützer. Hierzu sind konkrete Belege dieses Vorgehens nötig.

Das wäre übrigens nicht der erste Verstoß – so wurde ja das Zero-Rating-Angebot der Telekom, StreamOn, aufgrund des Verstoßes gegen die Netzneutralität eingestellt.

Initiative Netzbremse der Verbraucherschützer – Kunden können mithelfen

Mit der Initiative Netzbremse haben die Verbraucherschützer gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Stanford-Professorin Barbara van Schewick ein Portal online gestellt, auf dem das Problem nicht nur erklärt wird, sondern Nutzer auch dazu beitragen können, die Situation zu dokumentieren.

Dies ist anhand eingesandter Erfahrungsberichte sowie konkreter Messdaten möglich, also der Messung von Übertragungsraten, Zugriffszeiten und der generellen Verfügbarkeit bestimmter Dienste. Insider können sich mit vertraulichen Peering-Kenntnissen auch an die Initiative wenden.

Welche Dienste sind betroffen?

Lange hatte der Facebook-Mutterkonzern Meta eine Peering-Vereinbarung mit der Telekom. Diese hat sich Meta rund 5,8 Millionen Euro jährlich kosten lassen, wollte den Betrag dann aber drücken. Die Telekom schaltete auf stur und das Abkommen lief im März 2021 aus. Argument der Telekom damals war: Unternehmen wie Meta müssten für die Infrastruktur der Netze zahlen, über die sie ihre Dienste zum Kunden bringen.

Während Akteure wie Meta die geforderten Peering-Preise zwar zahlen könnten und sich derzeit sperren, um eine Richtungsentscheidung zu erzwingen, ist dies für kleinere Unternehmen keine Option. So sind auch Radiostreams aus bestimmten Ländern und Regionen am Telekom-Anschluss trotz eigentlich exzellenter Datenraten oft nicht oder kaum nutzbar, worauf etwa die Seite Radioblog jüngst aufmerksam machte.

Auch unter Telekom-Kunden ist das Ärgernis lange bekannt, so wird die Thematik etwa in der Telekom-Kundencommunity „Telekom hilft“ bereits rege diskutiert, einschließlich möglicher Abhilfen. Ein VPN kann hier beispielsweise Linderung bieten, ist aber natürlich nicht Sinn der Sache. Auch die Handyhase.de-Redaktion hat leidvolle Erfahrungen mit plötzlich gedrosseltem Telekom-Internet gemacht. Klar, ein einwandfreier Zusammenhang zu den Anschuldigungen der Verbraucherschützer lässt sich nicht direkt belegen.

Was sagt die Telekom?

Erwartungsgemäß weist die Telekom die Vorwürfe zurück: Sprecherin Nicole Schmidt bezeichnete sie als unzutreffend und spricht gegenüber Golem.de von rechtlichem und technischem Unverständnis. Ob die neueste Initiative der Verbraucherschützer Bewegung in ein bereits jahrelang diskutiertes Problem bringen wird, bleibt abzuwarten.

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Profilbild von Roman van Genabith
Roman ist Journalist in Bielefeld und schreibt seit etwa zehn Jahren zu Themen aus den Bereichen Technologie und Gadgets. In den letzten Jahren lag sein Schwerpunkt auf den Produkten und Diensten von Apple.
Beteiligte Autoren: Stefanie

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