„LTE für alle“ bei der Berliner BVG: So kommt das Netz in die U-Bahn

  • aktualisiert am 27.11.2019
Während Telefónica-Kunden schon seit Jahren per LTE in der Berliner U-Bahn surfen konnten, mussten sich D-Netz-Nutzer lange gedulden. Nun jedoch fiel der Startschuss für LTE im D-Netz bei der BVG. Warum es so lange gedauert hat und was dies für das kostenlose WLAN bedeutet, liest Du in unserem Bericht.
BVG LTE U-Bahn

Telefónica-Netztechniker Karsten Rybacki erläutert den Aufbau der Vermittlungstechnik (Foto: Handyhase.de).

Handy-Nutzer mit Tarifen in den Netzen von Telekom und Vodafone schauten in den Tunneln der Berliner U-Bahn viele Jahre regelrecht in die Röhre: Sie hatten kein Netz. Während sie oberirdisch in den beiden besten Netzen Deutschlands surfen, simsen und telefonieren konnten, war die Internetverbindung über LTE auf den Bahnsteigen und in den Zügen wortwörtlich unterirdisch.

Oft wurde der flächendeckende LTE-Ausbau in der Berliner U-Bahn auch für die sogenannten D-Netze angekündigt. In für Berlin typischer Weise verschob sich der Ausbau jedoch immer wieder.

Am 19.11.2019 gaben Telefónica, Vodafone, Telekom und die BVG gemeinsam den Start von LTE für alle bekannt. Teile der U-Bahn sind seitdem live geschaltet. Auf den U-Bahn-Linien U2, U5, U7 und U8 wurde LTE für Nutzer in den beiden D-Netzen freigegeben.

Ruckelfreies LTE in der U-Bahn

Warum LTE so wichtig ist, zeigte sich auf einer Sonderfahrt durch den ausgebauten Bereich: Wo vorher in den D-Netzen Telefonate abbrachen und die Bandbreite noch nicht einmal reichte, um eine Webseite aufzurufen oder eine Chat-Nachricht zu verschicken, machte das Surfen plötzlich wieder Spaß. Surfen, chatten und sogar Video-Streaming lief ruckelfrei.

Möglich machen es echte LTE-Antennen in den Tunneln der U-Bahn. Um Mobilfunk zum Telefonieren (GSM) in die U-Bahn zu bringen, wurde ab den 90er Jahren noch mit sogenannten Schlitzkabeln gearbeitet. Das ist bei LTE technisch nicht mehr sinnvoll machbar. Unter Tage wird nun mit sehr ähnlicher Technik gefunkt wie auf den Dächern der Stadt.

Noch nicht vollendet

Der LTE-Ausbau wurde übrigens nicht auf einen Schlag vollzogen und ist auch noch nicht abgeschlossen. Bis 2020 soll die U-Bahn innerhalb der Berliner Ringbahn (Tarifzone A) weitestgehend mit LTE versorgt werden. Ein Test von Handyhase bestätigte dies: Auf der Strecke der U8 Richtung Norden riss zwischen der Station Voltastraße und dem Fernbahnhof Gesundbrunnen die LTE-Verbindung ab. Für das gesamte Projekt wird eine Dauer von etwa 24 Monaten erwartet. Ende 2021 soll es also im gesamten Untergrund der Berliner U-Bahn LTE für alle geben. Bis dahin sollen Funklöcher wie diese der Vergangenheit angehören.

BVG-WLAN bleibt erhalten

Die gute Nachricht für die Berliner: Auf den Bahnsteigen der BVG (und in einigen oberirdisch fahrenden Bussen) können Nahverkehrs-Kunden auch weiterhin das kostenfreie WLAN nutzen. Das BVG-WLAN bleibt erhalten. Gerüchten über eine Abschaltung erteilte die Vorstandsvorsitzende der BVG, Dr. Nikutta, eine Absage. Die LTE-Nutzung gehe auf Kosten der Kunden, die Nutzung des BVG-WLAN nicht. Daher bleibe das Gratis-Angebot auch weiterhin erhalten.

Allerdings werde es vorerst keinen Einsatz von WLAN-Hotspots in den U-Bahnen geben, fügte Dr. Nikutta hinzu. Für die Kunden bedeutet dies, dass sie während der Fahrt mit der U-Bahn nur per LTE unterbrechungsfrei surfen können.

Eröffnung LTE BVG

Stolz und erleichtert über den LTE-Start (von links nach rechts): Marcus Thurand (Telefónica Deutschland), Dr. Sigrid Nikutta (Vorstandsvorsitzende der BVG), Mathias Poeten (Deutsche Telekom) und Gerd von der Osten (Vodafone). Bild: Handhyase.de

Unterm Strich bedeutet dies einen großen Zugewinn an Komfort in der Berliner U-Bahn. Allerdings gilt für LTE im Tunnel wie auch unter freiem Himmel: Je mehr Nutzer surfen und je stärker sie das Netz beanspruchen, desto weniger Leistung steht für den Einzelnen zur Verfügung. Die Bandbreite von Mobilfunknetzen wird grundsätzlich aufgeteilt („Shared Medium“). Und da der Ausbau in der U-Bahn besonders schwierig ist, stehen hier zum Start zudem nur relativ geringe Ressourcen zur Verfügung.

Komplexe Anlage, schwierige Verhandlungen

Seit 2017 ist der LTE-Ausbau für die D-Netze in der Berliner U-Bahn im Gespräch. Der Start sollte ursprünglich Ende 2018 erfolgen. Warum der Ausbau so lange dauerte, begründeten die Netzbetreiber und die BVG übereinstimmend damit, dass es sich bei der Berliner U-Bahn um eine außerordentlich komplexe Anlage handelt. Für die Versorgung mit Mobilfunk müssen die Antennen so ausgerichtet werden, dass es in den Tunneln möglichst wenig Hindernisse für die Funkwellen gibt (Abschattung). Außerdem ist ein Ausbau nur dann möglich, wenn die U-Bahnen nicht oder nur im Schritttempo fahren. Nicht zuletzt waren auch die Verhandlungen über die notwendigen Ausbau-Verträge schwierig, hieß es von Seiten der Netzbetreiber.

LTE schon lange für Telefónica-Kunden und in der S-Bahn

Mobilfunk-Kunden mit einem Tarif im Telefónica-Netz hatten bereits seit einigen Jahren LTE-Zugang im Untergrund. Möglich war dies durch die Übernahme von E-Plus durch Telefónica im Jahr 2014. E-Plus hatte in der Berliner U-Bahn LTE ausgebaut. Die Technik ging in den Besitz von Telefónica Deutschland über und stand damit allen Kunden im o2- bzw. Telefónica-Netz zur Verfügung.

Dass es mit „LTE für alle“ auch schneller gehen kann, zeigte das Beispiel der Berliner S-Bahn: Hier gibt es bereits seit 2015 auf vielen unterirdischen Strecken der S-Bahn-Linien S1, S2 und S25 LTE unter der Federführung von Vodafone.

64e714e9773b48528416f332bb9a49c2
Profilbild von Daniel
Der Tarif-Nerd Daniel ist seit 2019 bei Handyhase. Was für andere ein staubtrockenes Thema ist, saugt der gebürtige Hesse auf wie ein Schwamm.
Daniel hat zwar unglaublich viele Interessen; Tarife, Netze und Technik sind ihm aber seit 2009 bei mehreren Telekommunikationsportalen zur Berufung geworden.
Man sagt, er habe mehr SIM-Karten in seiner Sammlung als ein durchschnittlicher Handyshop.