Mobilfunkdurchlässige Scheiben

Wie die Deutsche Bahn das Telefonieren und Surfen in Zügen per Laser verbessert

Gute Nachrichten für Handynutzer. Immer mehr Züge werden mit Scheiben ausgestattet, die Mobilfunksignale besser passieren lassen. Handyhase hat sich von der Deutschen Bahn erklären lassen, warum es zwei unterschiedliche Methoden gibt und welche Vorteile sie haben.
Bei normalem Licht sehen die mobilfunktransparenten Scheiben ganz normal aus

Bei normalem Licht sehen die mobilfunktransparenten Scheiben ganz normal aus

Deutsche Bahn: Mobilfunkdurchlässige Scheiben

In der Bahn telefonieren oder im Netz zu surfen ist mitunter eine schwierige Angelegenheit. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zu viele Funklöcher, fehlende Repeater in Zügen oder auch bestimmte Funkfrequenzen (LTE, 5G und Co.), die in der Nähe von Bahnen nicht genutzt werden dürfen. Trotz Bemühungen der Deutschen Bahn durch 5G-Ausbau am Gleis.

All das wird allerdings durch eine weitere Problematik verschärft: Die Fenster in Zügen lassen oft nur bedingt Mobilfunksignale in das Innere des Zuges. Das liegt an einer dünnen Metallschicht, die auf diesen Scheiben aufgebracht ist. Doch dafür gibt es schon länger eine Lösung, die sich aber nicht so schnell verbreiten kann. Spezielle Fenster, in deren Metallschicht ein Muster per Laser gebrannt wird. So auch bei der Deutschen Bahn.

Bisher ist dies aber nur eine Option für fabrikneue Züge gewesen. Siemens verbaut auf Wunsch solche Scheiben etwa in seinen Triebzügen der Desiro- und Mireo-Familien, deren gelasertes Muster man sogar mit bloßem Auge erkennen kann, siehe auch notebookcheck. Auch neue ICE-Garnituren werden mit solchen Scheiben ausgestattet.

Scheiben in Zügen der Bahn austauschen

Doch solche Züge fahren mitunter Jahrzehnte im Netz und der Austausch der Scheiben ist nicht nur aufwendig, sondern auch eine Materialverschwendung. Die Deutsche Bahn bietet nun allerdings eine Lösung an, die nachträglich per Laser dafür sorgt, dass eine Scheibe den Handyempfang nicht mehr allzu stark stört.

Solche Scheiben werden mobilfunktransparent oder auch mobilfunkdurchlässig genannt. Ein kleines Muster sorgt für Lücken, durch die die Funksignale hindurch kommen. Diese Lücken sind aber so klein, dass die Wärmestrahlung weiterhin stark geblockt wird, der eigentliche Grund für die Metallbeschichtung.

Mit solch bearbeiteten Scheiben ist die Nutzung von Mobilfunkrepeatern in Zügen nicht mehr erlaubt, wie die Deutsche Bahn angibt. Es kann also nicht passieren, dass sich ein Fahrgast auf dem Bahnsteig versehentlich in einem vorbeifahrenden Zug in den Repeater per Smartphone einbucht.

Manche sehen das Fehlen der Repeater kritisch, denn bei fehlender Mobilfunkausstattung an der Strecke sind diese effizienter das rare Signal einzufangen.

Nur so ist 100 Mal besserer Empfang möglich

Ist der Streckenausbau an der Strecke gut, hilft die Scheibe hingegen deutlich. Bis zu 100 Mal besser sei der Empfang. Genaue Daten, etwa zur verbleibenden Dämpfung der Signale, dazu gibt es aber nicht. Es gibt aber Hinweise, die sich auf ein Forschungsprojekt von Siemens beziehen und in einem technischen Artikel von Zevrail zu finden sind (PDF).  Der Artikel legt auch die Vor- und Nachteile von Repeatern detailliert dar.

Die Deutsche Bahn bietet nun über die DB-Fahrzeuginstandhaltung den Dienst der Bearbeitung von Scheiben an. Doch woher weiß der Fahrgast, dass er in einem mobilfunktransparenten Zug sitzt?

Erkennbarkeit der Scheiben

Mobilfunkdurchlässige Scheiben sind nicht immer als solche leicht erkennbar. Die Deutsche Bahn plant offenbar mit Logos zu arbeiten. Gesehen hat Handyhase diese aber noch nicht. Die zwei Typen die Handyhase kennt, sind die ab Werk verbauten Scheiben von Siemens, die man etwa in vielen Nahverkehrstriebzügen des Typs Desiro HC findet, und die zunächst nur selten zu findenden nachträglich bearbeiteten Scheiben der Deutschen Bahn.

Die Siemens-Scheiben kann man recht einfach erkennen. Sie haben ein zwar kaum wahrnehmbares Muster, doch wer darauf achtet, der findet schnell die vielen fünfeckigen Muster in der Scheibe.

Es brauchte eine Taschenlampe mit 1500 Lumen, um das Muster so deutlich erkennbar zu machen.

Es brauchte eine Taschenlampe mit 1500 Lumen, um das Muster so deutlich erkennbar zu machen.

Bei der Technik, die die Deutsche Bahn verwendet, ist das nicht der Fall. Handyhase konnte mit bloßem Auge nicht das Muster erkennen. Die Demoscheibe, die auf der Veranstaltung Zukunft Nahverkehr unter dem Berliner Gleisdreieck präsentiert wurde, sah wie eine ganz normale Scheibe aus.

Die Deutsche Bahn hatte aber daran gedacht und eine Taschenlampe bereit, mit der das Muster erkennbar war. Allerdings so schwach, dass es mit einer Kamera kaum fotografierbar war. Handyhase hatte aber vorsorglich eine Taschenlampe mit. In der Einstellung mit 1500 Lumen und dem richtigen Winkel gelang es dann das Muster sehr deutlich zu machen. Ob das Muster bei ungünstiger Sonneneinstrahlung auch deutlich sichtbar ist? Das ließ sich in der Halle noch nicht beurteilen.

Unterschiede zwischen den Methoden und Zuginspektionen

Auffallend ist das äußerst einfach wirkende Muster der Deutschen Bahn. Das hat mehrere Gründe. Der eine ist die Geschwindigkeit der Modifikation. Der Laser samt Aufbau wird einfach an die Scheibe herangefahren und fährt zwecks Bearbeitung simpel die X- und Y-Achse ab. Mehr braucht es nicht.

Ein klassischer Doppelstock-Waggon kann so in einer Schicht, also grob acht Stunden, mobilfunktauglich gemacht werden. Das ist deutlich schneller, als die Scheiben auszutauschen, was nach Angaben der Deutschen Bahn um die 48 Stunden dauern würde, da Kleber trocknen müssten. Zu viel für einfache Wartungsarbeiten.

Prinzipiell muss auch nicht jede Scheibe gelasert werden. Ist die Zeit knapp, kann der Prozess einfach unterbrochen werden und der Zug wieder auf die Strecke geschickt werden. In eher geplanten Szenarien könnte man auch nur jede zweite Scheibe mit dem Laser bearbeiten. Schon das soll die Empfangsfähigkeit deutlich erhöhen. Gerade für volle Züge empfiehlt die DB aber die komplette Bearbeitung aller Scheiben.

Die Bearbeitung lässt sich prinzipiell in geplante Zuginspektionen integrieren. Dank hoher Sicherheitsanforderungen müssen diese ohnehin immer wieder in die Werkstatt. Die DB nannte etwa die sogenannte Nachschau (Instandhaltungsstufe IS 200) als Beispiel, die genug Zeit für eine Bearbeitung bietet.

Verglichen mit den Siemens-Scheiben lässt sich das DB-System also schnell umsetzen, zumal die Laser-Anlage transportabel ist. Es braucht eigentlich nur Strom und idealerweise eine Überdachung gegen Wind und Wetter.

Die einfach gelaserten Scheiben haben allerdings auch einen Nachteil, denn hier kommen auch WLAN-Signale im 5-GHz-Bereich durch. Laut Angaben der Deutschen Bahn blocken die Siemensscheiben diese Signale, damit wie WLAN-Access-Points in den Zügen nicht andere Züge im Nachbargleis stören.

Abseits dieser Details gibt es laut Deutsche Bahn keine Unterschiede bei der praktischen Nutzung der Scheiben, sowohl bei der Durchlässigkeit von Mobilfunk als auch der Wärmestrahlung.

Wo die Züge mit gelaserten Scheiben fahren

Bisher gibt es nur wenige Züge mit den Scheiben. Die Deutsche Bahn erklärte Handyhase, dass etwa ein Triebzug des Typs Bombardier Talent 2 entsprechend bearbeitet wurde. Der fährt üblicherweise zwischen Senftenberg, Berlin und weiter nach Dessau auf dem Regionalexpress 7.

Zwei Doppelstockwaggons sind zudem Teil der Zugbildung des Ideenzugs in Bayern. Für die Verbindung zwischen München und Mühldorf gibt es sogar einen Fahrplan, um mit diesem Zug fahren zu können.

Die ab Fabrik bearbeiteten Scheiben sind hingegen deutlich öfter anzutreffen. So sind viele RRX-Linien im Rhein-Ruhr-Gebiet damit ausgestattet aber auch der RE1 der ODEG in Berlin, sofern dort Desiro HC verkehre, was aber die Regel ist. Im Fernverkehr sind zudem die ICE 3 Neo damit ausgestattet.

Wer sich für weitere Informationen des Projekts interessiert, der findet auf der Veranstaltungsseite der DB Regio ein Booklet zu den mobilfunktransparenten Scheiben zum Download.

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Profilbild von Andy
Andy ist seit September 2023 ein kleines Teilzeit-Rädchen (Häschen?) im Handyhase-Team. Bereits seit 2005 ist er schon als IT-Journalist tätig und war mal Sysadmin. Er hat einen Hang zu sehr besonderen Themen und Gesellschaft. Durch viele Reisen sind aber auch das Thema Flug und Zug zum Spezialgebiet geworden, das er in anderen Publikationen abdeckt.

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