Deutsche Bahn testet High-Speed-Mobilempfang im Nirgendwo
Die neue High-Speed-Strecke der Deutschen Bahn ist fertig. Dabei geht es nicht um die Geschwindigkeit der Züge, sondern um die Geschwindigkeit, mit der Du im Netz entlang der Bahnstrecke surfen kannst. Mit dem Gigabit Innovation Track testen die Deutsche Bahn, der Netzwerkausrüster Ericsson und der Netzbetreiber Telefónica und Vantage Towers als Aufsteller der Masten die nächste Generation des Mobilfunks an den Gleisen. Angekündigt wurde das Projekt Mitte 2023.
Nächste Generation heißt hier allerdings 5G, denn Bahnstrecken werden üblicherweise über LTE-Funk abgedeckt. Dieser 5G-High-Speed-Korridor läuft parallel zu den Ausbauplänen der Telekom und Vodafone, die 2026 respektive 2025 abgeschlossen werden sollen.
High-Speed-Test im „janz weit draußen“
Der High-Speed-Korridor ist zehn Kilometer lang und wurde im Süden von Mecklenburg-Vorpommern in Betrieb genommen. Die neuen Mobilfunkmasten, 13 in der Anzahl, stehen zwischen Karow (Mecklenburg) und Malchow (siehe Kartenansicht Openrailwaymap). Die Strecke ist im schlechten Zustand und Regionalverkehr findet – wenn überhaupt – laut DB Regio Nordost nur saisonal statt. Nach derzeitigem Stand kannst Du die Strecke nur an wenigen Tagen im Jahr nutzen.
Selbst wenn Du die neue High-Speed-Verbindung testen dürftest, hättest Du also Schwierigkeiten dort überhaupt mit der Bahn hinzukommen. Die Strecke galt zwischenzeitlich als stillgelegt. Früher war Karow eine wichtiges Ausflugsziel für Berlin und ein Eisenbahndrehkreuz.
Die Partner können dort also in aller Ruhe testen. Im Frühjahr soll es losgehen. Hohe Datengeschwindigkeiten mit hohen Reisegeschwindigkeiten lassen sich dort übrigens nicht in Kombination testen. Die Bahnstrecke erlaubt nur Geschwindigkeiten deutlich unter 100 km/h. Zunächst testet die Deutsche Bahn die Strecke selbst mit einem Advanced Train-Lab.
Das ist ein ehemaliger ICE-TD, der mit Dieselmotoren ausgestattet ist und damit sehr flexibel im Netz der Deutschen Bahn eingesetzt werden kann. Das ist auch notwendig, denn die Teststrecke, die sich die Partner ausgewählt haben, ist nicht elektrifiziert.
Ziel ist es, den Bedarf in den 2030er-Jahren decken zu können. Die Deutsche Bahn rechnet damit, dass dann entlang der Bahnstrecken bis zu 5 Gigabit pro Sekunde benötigt werden. Die aktuellen Ausbaupläne von Telekom und Vodafone sind eher im niedrigen Bereich zwischen 100 und 200 Megabit pro Sekunde angesiedelt.
Der 5G-Netzausbau ist eine von mehreren notwendigen Stufen, um den Empfang in Zügen zu verbessern. Parallel arbeitet die Deutsche Bahn auch daran, den Empfang innerhalb der Züge zu verbessern. Dazu werden die Scheiben bei alten Zügen mit einem kaum erkennbaren Muster gelasert, damit sie mobilfunktransparent werden.
Mobilfunkrepeater, die nicht so schnell auf neue Technik umgestellt werden können und außerdem zugelassen werden müssen, haben ausgedient. Bei neueren Zügen setzt man auf vorbehandelte Scheiben. Siemens verbaut diese in neuere ICE-3-Neo-Garnituren sowie Regionalzügen der Typen Mireo und Desirco HC.
Auch neuer Zugfunk wird getestet
Ein weiterer Schritt ist die sogenannte Härtung des Zugfunks (GSM-R), die zuletzt verschoben werden musste. Um Störungen zu vermeiden, darf LTE 900 nämlich nicht in der Nähe der Bahnstrecken funken. Diese LTE-Verbindungen sind zwar nicht sonderlich schnell, decken aufgrund der niedrigen Frequenz aber weite Bereiche ab.
Dafür müssen in Loks und Triebfahrzeugen aber gehärtete GSM-R-Mobilfunkeinheiten verbaut werden. Derzeit hoffen Bundesnetzagentur und Eisenbahnverkehrsunternehmen dies bis Ende 2024 weitestgehend abschließen zu können. Es wird hier und da aber Ausnahmegenehmigungen geben.
Der High-Speed-Korridor wird übrigens auch dafür genutzt, um die nächste Generation des Bahnmobilfunks zu testen. „Future Rail Mobile Communication System“ (FRMCS) soll GSM-R irgendwann in ferner Zukunft ersetzen. Die Infrastruktur, die auf den 13 Masten installiert ist, kann daher sowohl 5G-Mobilfunk als auch FRMCS für Bahnunternehmen abstrahlen.
Erste Testergebnisse erwarten die Partner Ende 2024.
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