Bußgeldverfahren gegen 1&1 wegen verzögertem Netzausbau – erst 5 Funkmasten stehen
Bundesnetzagentur stellt 1&1 an den Pranger
Nutzt Du schon das eigenständige Mobilfunknetz von 1&1? Wahrscheinlich nicht, denn bisher gibt es nur fünf Funkmasten. Diese kommen auch lediglich als Festnetz-Ersatz bei bestimmten Kunden zum Einsatz. Eigentlich sollten es schon lange 1000 Funkmasten sein. Das Ziel für Ende 2022 wurde also gewaltig verfehlt. Wie wir berichteten, sieht 1&1 die Schuld bei dem Masten-Lieferant Vantage Towers – und an Vodafone. Im Februar 2023 hatte 1&1 sogar Beschwerde beim Kartellamt aufgrund der Verzögerung des Netzausbaus eingelegt.
Doch egal, wer nun schuld ist, die Bundesnetzagentur hat endgültig die Nase voll. Wie unter anderem die Tagesschau meldet, muss das Unternehmen eine Strafe zahlen. Im schlimmsten Fall drohen bis zu 50.000 Euro pro versäumtem Mobilfunkstandort. Da 1&1 wie erwähnt nur 5 anstatt 1.000 Standorte in Betrieb genommen hat, ergibt sich eine Summe von 49,75 Millionen Euro.
Bußgeld ist einzigartig in Deutschland
Die Bundesnetzagentur agiert seit 25 Jahren hierzulande und kümmert sich um die Regulierung der deutschlandweiten Kommunikation. Bislang musste die Behörde in dieser Zeit noch nie ein Bußgeld für einen Netzbetreiber verhängen, obwohl es bereits zahlreiche Beschwerden über den verschleppten Netzausbau auch bei den drei Netzanbietern Telekom, Vodafone und o2 gab. Zuletzt war es bei der Androhung von Bußgeldern geblieben. Allerdings haben schon viele Anwender, womöglich auch Du, auf ein weiteres Mobilfunknetz in Deutschland gehofft.
Ein solches Desaster ärgert die Kunden und wirkt sich negativ auf den Ruf von 1&1 aus. Der Anbieter kann in einer Anhörung Stellung zur Sachlage beziehen. Je stichhaltiger die Argumente sind, desto humaner fällt das Bußgeld aus.
Experten und Politiker befürworten das Verfahren
Der Wirtschaftswissenschaftler Torsten Gerpott von der Universität Duisburg-Essen äußerte sich folgendermaßen: „Der Ausbaustand des 1&1-Netzes liegt so weit hinter den Auflagen zurück, dass der Aufsichtsbehörde gar nichts anderes übrig blieb.“ Dass das Unternehmen die Schuld Vantage Towers in die Schuhe schieben möchte, lässt er nicht gelten.
1&1 hätte selbst Fehler begangen, beispielsweise bei der Wahl des Technikpartners. Außerdem wurde der Aufwand eines Netzaufbaus unterschätzt. Gerpott fragt sich, „ob 1&1 überhaupt noch die Kurve kriegt“. Im Bundestag befürworteten unter anderem Maik Außendorf (Grüne) und Reinhard Houben (FDP) das Bußgeldverfahren. 1&1 hat seinerseits schon mit einer solchen Maßnahme gerechnet.
Im Herbst soll der Startschuss für die erste mobile Nutzung des 1&1-Handynetzes sein. Wenn Du daran Zweifel hast, bist Du nicht alleine. Wir sind ebenfalls skeptisch und gespannt, ob der Anbieter wenigstens dieses Versprechen einhalten kann. Die Informationen stammen teils von der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
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