Breko-Jahreskonferenz: Gute Prognose für 2025, doch Glasfaser muss cooler werden

Die Chefs des Bundeskartellamts und der Bundesnetzagentur sprechen über die Glasfaser auf der Breko-Jahrestagung 2024. (Foto: Andreas Sebayang/Handyhase.de)
Die Breko-Jahreskonferenz 2024 (Bundesverband Breitbandkommunikation e.V.) war wohl etwas Besonderes. Zum einen gab es das 25-jährige Jubiläum des Verbands für Breitbandkommunikation zu feiern und zum anderen gab es am Vortag irritierende Aussagen der Deutschen Telekom, auf die der Breko natürlich reagieren und die dafür sorgen, dass auch der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller die Branche ermahnen musste.
Aber der Reihe nach. Denn erst einmal bestätigen sich gute Nachrichten. Der Netzausbau im Bereich Glasfaser liegt nämlich bis zum Ende des Jahres 2025 im Plan. Mehr noch, Prof. Dr. Jens Böcker der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, der regelmäßig sehr ausführliche Statistiken zum Ausbau der Glasfaser in Deutschland aufbereitet, sagte, man könne den Haken eigentlich jetzt schon fast setzen – ein Jahr vor dem Plan.
Möglicherweise werden zum Ende des Jahres 2025 sogar 54 Prozent den Status „Homes Passed“ erreichen. Böcker geht aber von mindestens 50 Prozent aus, bei denen die Glasfaser also in der Straße liegt.
Für 2030 wird es hingegen schwierig, die Ziele zu erreichen. Die Schätzung liegt zwischen 76 Prozent im schlechtesten Fall und 86 Prozent im besten Fall.
Zugleich konzentrieren sich vor allem die alternativen Netzbetreiber zunehmend darauf, mit ihren Anschlüssen direkt Geld zu verdienen. Sie setzen darauf, Verträge zu verkaufen, damit aus einem „Homes Passed“ ein „Homes Activated“ wird. Gleichzeitig bringt das Geld in die Kasse, um den weiteren Ausbau zu finanzieren.
Das politische Ziel einer flächendeckenden Glasfaser-Versorgung für 2030 ist aber in Gefahr, wenn nicht noch mal ein Schub kommt.
Telekom und der Kupferstreit
Und dieser Schub ist es, der aktuell für Streit sorgt und bei dem die Deutsche Telekom an ihrem Netzetag einen Tag vor der Jahreskonferenz für Wirbel gesorgt hat. Der Chef der Deutschen Telekom für Deutschland, Srini Gopalan, postete dazu eine Meinung auf Linkedin und warnte vor einer Abschaltung von Kupfertechnik.
Dabei geht es um den Wechsel zwischen Kupfertechnik (sprich xDSL, aber nicht Kabel) und Glasfaser. Aus Sicht des Breko ist es sinnvoll, die Kupfertechnik abzuschalten, sobald die Glasfaser angeschlossen ist. Das würde einen wirtschaftlichen Anreiz für den weiteren Ausbau geben.
Doch das sieht dann mitunter so aus, dass alternative Anbieter Glasfaser bauen und die Telekom dann ihr Angebot auf die alternativen Anbieter schalten müsste. Kupfer-Glas-Migration wird dies genannt.
Die Befürchtung, die man aus Breko-Kreisen hört: Die Telekom wird Kupfer nur dann abschalten und auf Glas wechseln, wenn sie ihr eigenes Glasfasernetz dort hat und sonst ihren Markt rund um VDSL schützen wollen.
Einen offenen Zugang hätte die Deutsche Telekom wohl trotzdem zu einem fremden Glasfasernetz. Open Access ist das Stichwort, wenn die Telekom also ihr Kupfer abschaltet, soll sie auf öffentlich geförderten fremden Glasfasernetzen ihre Angebote machen.
Nebenbei würde zudem enorm viel Energie gespart. Einigen präsentierten Zahlen zufolge braucht die Versorgung per Kupfer-Doppelader alles in allem mehr als zehnmal soviel Strom wie ein Glasfaseranschluss. Die Zahlen sind aber mit Vorsicht zu genießen.
Glasfaser-Vorteile: Stromverbrauch und Zuverlässigkeit
Einer Studie des Umweltbundesamtes (PDF) zufolge setzt das Stromsparen nämlich erst ab gewissen Auslastungen ein, wo Kupfer an energietechnische wie auch bandbreitentechnische Grenzen kommt.
Bestellst Du Dir etwa einen Glasfaser-Anschluss mit 50 MBit/s dann sparst Du damit – wenn überhaupt – nur bedingt Strom, verglichen mit 50 MBit/s per VDSL.
- Wird beides aber auf 250 MBit/s gehoben, dann sind das 110 kWh für VDSL und 7 kWh für Glasfaser pro Jahr.
- Abseits des Umweltaspekts sind das auch Kostenvorteile. So grob um die 25 Euro Differenz sind das pro Jahr, wenn man klassische Stromtarife ansetzen würde.
Für die Kundschaft lässt sich damit allerdings nur schwerlich werben, denn die damit verbundenen Stromkosten fallen nicht direkt bei Dir an, sondern auf dem Weg ins Heim. Das zahlt damit die Anbieterindustrie. Dein eigener WLAN-Router wird hier hingegen kaum sparen, da beispielsweise das WLAN schon recht energieintensiv ist. Daran ändert auch die Glasfaser nichts.
Laut Umweltbundesamt lohnt sich Glasfaser energietechnisch ab etwa 150 MBit/s. Wenn Du also etwas für die Umwelt tun und trotzdem nicht an Bandbreite sparen willst, dann wäre hier eine Möglichkeit vorhanden. Gar kein Internetanschluss ist natürlich immer umweltfreundlicher.
Trotzdem sieht der Breko in der Bewerbung dieser Vorteile Potenzial. Denn die Bevölkerung weiß davon kaum etwas. Nur zehn Prozent wissen einer Breko-Umfrage davon, dass Glasfaser stromsparend ist.
Sicherheit – um jeden Preis?
Ein weiterer Punkt, den der Breko in den Vordergrund bringen will: Die Glasfaser soll ausfallsicherer sein. „Da passiert außer Traffic nichts“, hieß es aus Breko-Kreisen. Zudem sei die Technik besser messbar, falls doch Störungen auftreten.
Ob sich aber mit höherer Zuverlässigkeit Kundschaft gewinnen lässt? Würdest Du mehr zahlen, damit die Leitung zuverlässiger ist? So eindeutig ist die Frage sicher nicht zu klären, was Du schon im Mobilfunkmarkt siehst.
Der Preis entscheidet oft genug über die Wahl des Vertrages und nicht der zuverlässigste Anbieter.
Und das alles kostet freilich viel Geld, um die Glasfaser-Anschlusstechnik bis in die Haushalte zu bringen. Preisvorteile ergeben sich daher nicht immer, auch wenn beim Ausbau des Netzes initiale und ziemlich hohen Anschlusskosten oft nicht direkt an die Kundschaft weitergegeben werden.
Die Industrie hat trotzdem festgestellt, dass die Vorteile der Glasfaser der Kundschaft durchaus ein höherer Preis wert ist. Wobei das vermutlich eine Zielgruppe ist, die sich aktuell ohnehin bewusst für die Glasfasertechnik interessiert. Ältere, die man aktuell schwieriger von der Glasfaser überzeugen kann, werden wohl kaum höhere Preise zahlen und tendenziell seltener wechseln.
Junge und Familien mit zockenden Kindern werden hingegen höhere Ansprüche haben. Schon das Patchen eines Spiels kann über VDSL unangenehm lange dauern. Die Glasfaser ist dagegen besser für die Zukunft geeignet. Höhere Bandbreiten sind kein Problem, auch wenn sie noch nicht verkauft werden.
Um aus der Misere zu kommen, wird auch vorgeschlagen, die Glasfaser mehr als ein Lifestyle-Produkt zu vermarkten. Raus aus dem Baumarkt, rein in den Apple Store, wie es hieß. Tatsächlich verbinden viele die Glasfaser mit buddelnden Baggern in der Straße statt mit einem IT-Produkt, das es eigentlich ist.
Glasfaser muss „cooler werden“
Ähnlich sieht das auch der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Der war zum Ende der Jahrestagung spürbar genervt von einigen Diskussionen. Halb scherzhaft und halb mahnend gab er an, dass im Freundeskreis die Erklärung zu irgendwelchen Zwangsabschaltungen automatisch die Stimmung senke. Das wolle er eigentlich nicht hören.
Stattdessen wollen die Menschen von „Coolen Anwendungen“ hören, so Müller. Die Glasfaser muss aus Sicht Verbraucher thematisiert werden.
Bundesnetzagentur thematisiert doppelten Netzausbau
Selbiges gilt für die Diskussion um den „strategischen Überbau„. Zusammen mit Andreas Mundt, Chef des Bundeskartellamts, sprachen die beiden darüber, ohne die Deutsche Telekom direkt zu erwähnen, wenngleich das im Raum lag. Aus dem Publikum kam allerdings tatsächlich ein Vorwurf, dass das lokal auch andere Unternehmen machen.
Doch was ist der strategische Überbau? Dieser passiert, wenn ein Unternehmen mit dem Glasfaserausbau startet und anschließend ein anderes Unternehmen ebenfalls anfängt. So ein Verhalten ist kartellrechtlich durchaus gewollt, schließlich gehe es um Wettbewerb, gab Mundt zu bedenken.
Die große Frage ist hier, ob der Überbau tatsächlich strategisch ist. Oder ob der reine Zufall dafür sorge, dass plötzlich zwei Unternehmen mit dem gleichen Ausbau starten. Und eben, ob dies aus einer marktkontrollierenden Stellung passiere. Zumindest problematisch ist es, wenn ein Netzbetreiber nur deswegen baut, um den anderen zu stören.
Klar war, dass Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt zuhören. Passieren werde so schnell aber wohl nichts, auch wenn das Verhalten vielleicht sogar schädigend sei. Vor allem im Hinblick auf die Ausbauziele.
Im schlimmsten Fall kann es nämlich passieren, dass beide ihre Pläne (teils) abbrechen und es dann entweder nur in einem lukrativen Kerngebiet einen Ausbau gibt oder sogar gar keinen. Alternativ bindet der doppelte Ausbau natürlich Kapazitäten, die vielleicht woanders im Bundesgebiet gebraucht würden.
Möglicherweise kann hier nur eine Gesetzesänderung für Abhilfe sorgen. Aufgrund der aktuellen politischen Situation und den erwarteten Neuwahlen 2025 wird so ein Verfahren wohl länger dauern. Die Behörden arbeiten aber weiter nach Plan, was sowohl das Bundeskartellamt als auch die Bundesnetzagentur auf der Breko-Versammlung bestätigten.
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