Breitband-Studie 2024: Ersetzt Mobilfunk-Internet lahme Festnetzanschlüsse?
Man sollte meinen, dass niemand etwas gegen schnelles Internet hat und alle sich über flotte Downloads, flüssige Videocalls und im Nu aufgebaute Webseiten freuen. Doch laut der Breitband-Studie 2024 von Deloitte scheinen sich in Deutschland viele nicht am gemächlichen Tempo beim Festnetz-Internet zu stören. Viel wichtiger ist ihnen etwas anderes, nämlich dass die Verbindung stabil ist. So, wie viele es vom Handy kennen. Mobiles Internet zuhause könnte die Zukunft werden. Denn um den Fortschritt beim Tempo von Festnetzanschlüssen steht es schlecht.
Unter den sieben größten Ländern Westeuropas ist Deutschland das Schlusslicht beim Surf-Tempo, wenn es um Festnetzanschlüsse geht:
- Lediglich 27 Prozent der deutschen Haushalte sind mit einer Bandbreite von mindestens 250 Mbit/s im Web unterwegs. Beim Spitzenreiter Spanien sind es 67 Prozent, also satte 2,5-mal höher.
- Umgekehrt surfen hierzulande noch immer über die Hälfte mit Bandbreiten bis maximal 100 Mbit/s, deutlich mehr als etwa in Italien (41 Prozent) und Frankreich (37 Prozent). Dieses Tempo gilt eher als lahm.
- Dennoch sind über drei Viertel der Deutschen mit ihrem aktuellen Internetanbieter zufrieden.
Das ist das Ergebnis einer Befragung von 2.000 deutschen und 11.000 Verbraucherinnen und Verbrauchern aus sechs weiteren europäischen Ländern. Die Breitband-Studie 2024 ist die vierte Untersuchung dieser Art. Hier gibt es die ausführlichen Studien-Ergebnisse auf Englisch.
DSL, Kabel, Glasfaser – alles macht ähnlich (un)glücklich
Laut der Studie spielt die verwendete Festnetz-Anschlussart für die Zufriedenheit eine untergeordnete Rolle in Deutschland.
- So sind 78 Prozent der DSL-Kundschaft und 72 Prozent derjenigen mit Kabel-Tarif einverstanden mit der Leistung ihres aktuellen Anbieters.
- Dahingegen beläuft sich die die Zufriedenheit mit der Glasfasertechnologie gerade einmal auf 84 Prozent. Sie liegt also trotz weitaus besserer Übertragungsraten nur geringfügig höher.
Jetzt könnte man fragen: Was fehlt denn eigentlich zum hundertprozentigen Glück, wenn die im Durchschnitt lahmen Geschwindigkeiten selbst kein fundamentales Problem darstellen?
- Es sind Verbindungsprobleme, die laut Breitband-Studie 2024 viel stärker als die Surf-Geschwindigkeit selbst aufs Gemüt schlagen.
- Knapp ein Drittel der Befragten hierzulande hat monatlich oder häufiger mit einer gestörten Leitung zu kämpfen. Damit belegt Deutschland auch in puncto Technik-Zuverlässigkeit den letzten Platz.
Die Zufriedenheit nach Anschlussart hat Deloitte in der Breitbands-Studie 2024 zwar nicht abgefragt. Aber da selbst im Glasfaser-Spitzenland Spanien 26 Prozent der Befragten von regelmäßigen Verbindungsproblemen berichten, kann die Lücke zur vollkommenen Zufriedenheit nicht an der betagten DSL- und Kabel-Technik liegen. Moderne und sehr schnelle Glasfaser-Anschlüsse gibt es hierzulande erst von wenigen Anbietern, etwa von Telekom, M-net, Vodafone oder Deutsche Glasfaser.
Daraus ziehen die Telko-Fachleute von Deloitte die Schlussfolgerung: „Die meistgenutzten Online-Anwendungen erfordern noch keine enorm hohen Bitraten. Vielmehr dominiert nicht nur, aber ganz besonders im deutschen Markt, auch weiterhin der Wunsch nach einer stabilen Verbindung zu einem günstigen Preis – und zwar deutlich vor hohen Up- und Downloadgeschwindigkeiten“, so Dieter Trimmel, Partner Strategy & Transformation bei Deloitte.
Drahtloser Festnetzanschluss als Alternative?
Ein weiterer Denkanstoß: Deloitte stellt zur Diskussion, inwiefern eine stationäre Internetverbindung über das Mobilfunknetz anstelle des Festnetzes die Verbindungsprobleme lösen und die Zufriedenheit erhöhen könnte. Dabei sind WLAN-Router nicht mit einem Datenkabel in der Wand verbunden, sondern erhalten das Internetsignal über ein eingebautes Mobilfunkmodem inklusive SIM-Karte. Tarife dafür gibt es etwa von Congstar, Vodafone und o2.
Man nennt das einen drahtlosen Festnetzanschluss. Fachleute nutzen auch den englischen Begriff „Fixed Wireless Access“ (FWA). Das ist eine Alternative zu Routern für DSL und Kabel oder Routern für Glasfaser.
- Diese Alternative halten die Deloitte-Fachleute deshalb für interessant, weil laut Breitband-Studie 2024 über alle sieben europäischen Länder hinweg mehr als drei Viertel der Befragten zu Hause keinerlei Probleme mit der mobilen Verbindung auf ihrem Smartphone haben. 5G ist ja auch mehr als schnell genug.
- Daher kann sich fast die Hälfte der Breitband-User in Europa vorstellen, auf einen kabelgebundenen Anschluss zu verzichten und stattdessen ganz auf mobilfunkbasierte Internet-Router zu setzen.
- In Deutschland ist diese Bereitschaft mit 41 Prozent etwas geringer ausgeprägt, aber dennoch beachtlich.
- Die Zurückhaltung mag daran liegen, dass der Wissensstand über den drahtlosen Festnetzanschluss hierzulande niedriger als in den anderen Ländern Europas ist. Lediglich 42 Prozent der Befragten aus Deutschland haben von Mobilfunk-Internet für das Zuhause gehört, beim Spitzenreiter Großbritannien sind es doppelt so viele (83 Prozent).
Mobilfunkbasiertes Zuhause-Internet auch nicht immer zuverlässig
Ein anderer Grund für deutsche Zurückhaltung könnte sein, dass die FWA-Technik auch nicht ohne Stolperfallen auskommt. Denn von denen, die hierzulande das Internet schon über einen drahtlosen Festnetzanschluss beziehen, sind nur 68 Prozent mit der Leistung zufrieden, so die Breitband-Studie 2024.
Laut Deloitte hängt eine zunehmende Verbreitung von drahtlosen Festnetzanschlüssen vor allem davon ab, wie intensiv die Telko-Anbieter diese zukünftig vermarkten. Unsere Einschätzung lautet aber: Nur mit Marketing und ohne in die Technik selbst zu investieren, wird es auch nicht gehen. Die Zufriedenheit der Leistung des Handy-Internets lässt sich nicht auf die Zuverlässigkeit eines drahtlosen Festnetzanschlusses übertragen.
Ein Smartphone mit schnellem Internet zu verbinden ist technisch weniger anspruchsvoll als das ganze Zuhause per Mobilfunk mit Internet zu versorgen. Wo aber das kabelgebundene Internet andauernd streikt oder zu lahmes Tempo hergibt, kann mobiles Internet eine Option sein.
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