Es droht großer Ärger im Smartphone-Markt
ARM will Qualcomm die Lizenz für ARM-Prozessoren in weniger als zwei Monaten wegnehmen. Das geht aus einem Bloomberg-Bericht hervor, der seitens Qualcomm durch eine Reaktion auf die Drohung von ARM bestätigt wird, von der etwa die Nachrichtenagentur Reuters berichtet.
Im Detail habe ARM eine Vereinbarung mit Qualcomm aufgekündigt, die das Nutzen von Wissen von ARM für das Design von Prozessoren erlaubt. Oder anders formuliert: ARM will nicht mehr, dass Qualcomm ARM-Prozessoren produziert, denn viel der Technologie stammt von ARM selbst, während Qualcomm diese Designs beispielsweise für seine eigenen Snapdragon-Chips noch weiter modifiziert und für die eigenen Zwecke optimiert. Das ist an sich nichts Besonderes, denn viele Smartphone-Prozessoren nutzen ARM-Technologie und es ist ein gutes Geschäft für beide Seiten.
Der Streit zwischen Qualcomm und ARM dreht sich vor allem um die Abgaben, die Qualcomm zahlen muss, um ARM-Wissen verwenden zu dürfen. Verschiedenen Berichten zufolge will ARM die Bedingungen neu verhandeln. Hintergrund ist der Aufkauf des Unternehmens Nuvia durch Qualcomm. Nuvia besaß eine eigene Arm-Lizenz. Doch Qualcomm sollte die nicht einfach weiter nutzen.
Nach Angaben von ARM hat Qualcomm versucht die Lizenzvereinbarung zwischen Nuvia und ARM ohne Zustimmung auf Qualcomm zu übertragen, was in einer Klage von ARM gegen Qualcomm im August 2022 mündete. Darin verlangt ARM unter anderem die Vernichtung bestimmter Nuvia-Designs. ARM geht also in die Vollen.
Mit der Vorstellung des Snapdragon Elite, der genauso wie die neuen Notebookprozessoren auf Nuvias Entwicklung zurückgreift, reagiert ARM mit der Aufkündigung des Vertrags, wobei Details bisher nicht kommuniziert wurden. Es ist also kompliziert.
Auswirkungen auf den Smartphone-Markt
Was die aktuelle Eskalation bedeuten würde, lässt sich unterdessen nur schwer abschätzen. Zum einen haben beide Parteien noch ein paar Wochen Zeit, um sich zu einigen. Aber auch bei einer Nichteinigung: Qualcomm könnte sich auf den Standpunkt setzen, Recht zu haben und die Aufforderung von ARM einfach ignorieren. Danach sieht es derzeit sogar aus. Qualcomm weist die Vorwürfe zurück und wirft ARM vor, die Preise für die Lizenzvereinbarung hochtreiben zu wollen, wie Qualcomm gegenüber Reuters sagte.
Das würde sicherlich noch einen Rechtsstreit auslösen, in dem ARM etwa eine Wiedergutmachung oder Unterlassung verlangen könnte. Welche Ansicht stimmt, sei es ARMs oder auch Qualcomms, müssen dann die Gerichte entscheiden, was tendenziell nicht in der ersten Instanz geschehen wird und sicher auch nicht schnell passieren wird. Schließlich streiten die beiden Unternehmen sich schon einige Jahre.
Allerdings könnten Mechanismen wie einstweilige Verfügungen greifen, die erst einmal einen Stopp von Verkaufstätigkeiten auslösen und das Ganze könnte sich noch regional verteilen. Nicht selten betreffen Verkaufsverbote nur einzelne Länder. Experten gehen aber erst einmal von einer geringen Gefahr aus und wenn, dann trifft es die Auslieferung der Chips, nicht die Smartphones.
In vielen Fällen einigen sich die Parteien dann irgendwann, nicht aber ohne mehrere Jahre vor Gericht zu verbringen. Das könnte auch bei diesem Streit passieren. Ein erster Termin ist Medienberichten zufolge der 16. Dezember 2024 und die Industrie hofft, dass sich die Parteien vorher noch einigen können.
Die Smartphone-Hersteller erwarten unruhige Zeiten
Ausbaden müssen die Streitigkeiten letztendlich alle. Es gibt nun eine gewisse Unsicherheit, wie auch die Financial Times anmerkt. Für Samsung, Xiaomi und Co. ist das keine gut planbare Zeit, zumal sich die Hinweise verdichten, dass Samsung beim Galaxy S25 nun komplett den Snapdragon Elite einsetzen will. Aber geht das zum Jahresende noch? Mal eben ein Smartphone für einen neuen Chip zu designen ist nicht einfach. Samsung ist darin aber erfahren, schließlich setzt das südkoreanische Unternehmen gerne mal Exynos-Chips in Smartphones ein, die sonst mit Snapdragons bestückt werden. Andere Hersteller haben diese Flexibilität vielleicht nicht.
Für Dich als Kunde heißt es umso mehr den Markt zu beobachten. Nicht, dass das angekündigte High-End-Smartphone doch mit einem langsameren Prozessor bestückt wird. Auch Verzögerungen sind denkbar.
Interessanterweise wird der Streit zwischen den beiden Partnern vor allem über die Medien an die Öffentlichkeit gebracht. Pressemitteilung zum Streit sind jedenfalls auffallend rar. Diese eher indirekte Kommunikation lässt zumindest hoffen, dass es noch einen Ausweg gibt – irgendwann.
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