Neuer EU-Ärger für Apple

Apple Intelligence verspätet sich: Bleiben deutsche iPhones „dumm“?

Apples groß angekündigte KI-Funktionen machen wohl auf viel längere Sicht als gedacht einen Bogen um deutsche iPhones, iPads und Macs. Außerdem droht dem Konzern eine weitere Milliardenstrafe, verhängt von der EU.
drei Render-Bilder von iPhones mit Anwendungsfenstern, die die Erstellung von Video-Rückblicken mit KI-Textbefehlen zeigen

Erinnerungsvideos mit KI-Hilfe erstellen? Darauf musst Du vorerst verzichten, denn Apple Intelligence verspätet sich in Deutschland – und kommt vielleicht nie. (Bild: Apple)

Mit der KI-Funktionssammlung Apple Intelligence und weiteren großen Neuerungen plant Apple für diesen Herbst eine umfassende Renovierung der Betriebssysteme fürs iPhone, iPad und Mac. Doch vieles, was iOS 18, iPadOS 18 und macOS 15 interessant macht, bekommst Du auf längere Zeit oder vielleicht nie zu Gesicht. Denn der Start von Apple Intelligence verspätet sich.

Offenbar fürchtet Apple einige Funktionen nicht umsetzen zu können, ohne womöglich EU-Recht zu verletzen. Konkret geht es um den Digital Markets Act (DMA), eine Verordnung, die dem Geschäftsverhalten großer Tech-Konzerne strengere Regeln als bisher auferlegt. Weil davon  „regulatorische Unsicherheiten“ ausgehen, will Apple auf Nummer sicher gehen und bestimmte Funktionen anders als geplant nicht diesen Herbst nach Deutschland und andere EU-Länder bringen. Das sagte der Konzern gegenüber der Financial Times (via MacRumors).

Die Aussage traf Apple, kurz bevor die EU neue Vorwürfe gegen den Konzern erhob. Wegen Verstößen gegen den DMA droht dem Konzern eine weitere Milliardenstrafe.

Welche Funktionen von iOS 18 in der EU fehlen

Konkret hält Apple folgende Funktionen hierzulande zurück, wenn iOS 18, iPadOS 18 und macOS 15 diesen Herbst starten:

  • Apple Intelligence: Das Funktionspaket erstellt mit Künstlicher Intelligenz Texte und Bilder und macht Siri schlauer. Es soll gestaffelt ab Herbst 2024 bis Anfang 2025 als Beta-Version auf Englisch kommen, und wäre in Deutschland nutzbar, wenn Du die Systemsprache Deiner Geräte umstellst.
  • iPhone Mirroring: Mit dieser Funktion kannst Du den Bildschirm Deines iPhones auf dem eines Macs anzeigen und dort auch bedienen.
  • SharePlay Screen Sharing: Diese Funktion soll ähnlich der Software Teamviewer ermöglichen, dass Du per Fernzugriff das Apple-Gerät von jemanden anderes bedienst.

Warum sich Apple Intelligence verspätet

Was an den genannten Funktionen rechtlich unsicher sind, konkretisierte Apple nicht. In dem Medienstatement verweist Apple auf sogenannte Interoperatibiltätsvorgaben für Gatekeeper. Der DMA besagt, dass große Tech-Konzerne („Gatekeeper“) kleineren Firmen besseren Zugang zu den Download-Plattformen und manchen App-Funktionen geben müssen. Das heißt also, sie müssen dafür sorgen, dass ihre Software interoperabel ist. Apple fürchte, dass diese Vorgabe die „Integrität der Produkte kompromittiert“. Das würde Datenschutz und Sicherheit gefährden. Mehr ins Detail geht der Konzern.

@handyhase

😵‍💫Das gerade erst mit iOS 18 groß angekündigte Apple Intelligence wird vorerst nicht in der EU und Deutschland verfügbar sein.😫 Apple arbeitet derzeit an einer Lösung, aber wann wir in Europa die KI Funktionen auf unserem iPhone nutzen können, steht noch in den Sternen👀 #apple #appleai #iphoneai #ai #ki #iphone #appleintelligence #aiphone #iphone15promax #iphone15 #ios18 #ios18beta #iphonenews #applenews #intelligence #künstlicheintelligenz #artificialintelligence

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Welcher Zusammenhang zu den betroffenen Funktionen besteht, bleibt unklar. Zwar gelten neuere KI-Funktionen auf Smartphones in Bezug auf Privatsphäre und Datenschutz als problematisch. Doch darum geht es im DMA gar nicht.

Apple wolle sich nun Zeit nehmen, um zu prüfen, wie die Funktionen und die EU-Vorschriften in Einklang zu bringen sind. Gemeinsam mit der EU wolle der Konzern eine Lösung finden, hob er hervor. Wie lange das dauern kann, ist ungewiss.

Verstoß gegen DMA: Neue Untersuchung der EU

Womöglich handelt es sich auch nur um einen Stellvertreterkrieg. Denn in Bezug auf den DMA schwelt zwischen der EU und Apple noch ein anderer Konflikt. So hat der Konzern zwar das iPhone – wie vom DMA gefordert – für alternative App-Stores und Werbung für Abo-Buchungen außerhalb der iPhone-Welt geöffnet. Doch daran geknüpfte Hürden und eine neue Gebühr (Core Technology Fee) machen das nicht so leicht, wie die EU das gern hätte.

Deshalb hat die EU-Kommission am heutigen 24. Juni klar gestellt:

  • In einigen Punkten verstößt Apple klar gegen den DMA. Nämlich etwa, indem Abo-Anbieter auf Webseiten angebotene Preise nach wie vor innerhalb von iPhone-Apps oder im App-Store nicht frei bewerben können. Apple kann hiergegen noch Beschwerde einlegen. Nach einer früheren Spotify-Beschwerde war bereits eine Strafe fällig.
  • In anderen Punkten hat die EU zumindest den Verdacht, dass was nicht stimmt, und will es weiter untersuchen. Hauptsächlich geht es darum, dass das neue Gebührenmodell zu teuer sein könnte. Ob die Core Technology Fee von 0,50 Euro pro Download mit dem DMA vereinbar ist, ist zweifelhaft. Zudem will die EU dem Vorwurf nachgehen, dass es zu kompliziert ist, alternative App-Stores herunterzuladen und zu installieren.

Läuft es schlecht für Apple, muss der Konzern eine Strafe in Höhe von mindesten zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes zahlen. Das wären Milliarden, täte also weh.

Wie sich die neue Eskalation des Streits auf den Start von Apple Intelligence in der EU auswirkt, wird sich zeigen.

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Profilbild von Berti Kolbow-Lehradt
Berti ist freier Technikjournalist mit einem Her(t)z für Smartes - vom Smartphone bis zum Smart Home. Weil er dazu gerne Tipps gibt, trägt er den Beinamen "RatgeBerti" und schreibt darüber außer für die Handyhasen für viele weitere große Magazine.

Foto: Daniel Kunzfeld

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