1&1 kündigt Unlimited-Tarif wegen zu hohem Datenverbrauch – und erweitert das „Kleingedruckte“

Der 1&1 Unlimited-Tarif ist scheinbar gar kein richtiger Unlimited-Tarif …
Das Wichtigste in Kürze
- 1&1 bietet seit Kurzem recht günstige Unlimited-Mobilfunktarife ohne Volumenbegrenzung, etwa den Unlimited S für unter 10 €.
- Der Kunde muss hier nach Verbrauch des Anfangsvolumens von 50 GB immer zusätzliches Datenvolumen nachbuchen.
- Tut er das zu oft, droht die Kündigung. Nun hat 1&1 die Leistungsbeschreibung angepasst.
Ein Mobilfunktarif mit unbegrenztem Datenvolumen verspricht eigentlich mobiles Surfen und Streamen ohne Limit, eben unlimited. Zwar kann das bei einigen der günstigeren Tarife notwendige regelmäßige Nachbuchen von Volumen die Nutzung kurz unterbrechen, doch darüber hinaus sollte der Kunde sich eigentlich keine Gedanken um den Datenverbrauch machen müssen.
Dass das Rundum-sorglos-Paket in einigen Fällen aber doch seine Tücken hat, erleben momentan Kunden von 1&1, die ihren 1&1-Unlimited-Tarif recht ausgiebig nutzen. Zuletzt häuften sich Berichte über Kündigungen von 1&1-Kunden, die ihren Vertrag „missbräuchlich“ genutzt haben sollen.
Auch dieser Redaktion liegt die Schilderung eines solchen Falles vor.
1&1 mit neuer Leistungsbeschreibung (Update)
1&1 hat mittlerweile reagiert und die für die Datennutzung maßgebliche Ziffer 15.3 in der Leistungsbeschreibung dergestalt erweitert, dass als „Exzessive Nutzung des Datenvolumens“ gilt, wenn der Nutzer mehr als das Zehnfache des üblichen Verbrauchs von Kunden im selben Tarif verbraucht.
Zudem wird die automatisierte Nachbuchung von Datenvolumen durch Skripte oder Bots untersagt. Ob diese Ergänzungen ausreichend präzise gefasst sind, um auch einer Überprüfung durch die Gerichte Stand zu halten, ist indes unklar. Nach wie vor wird keine konkrete Obergrenze für den Verbrauch genannt, jenseits derer ein Kunde die Kündigung riskiert.
Die bloße Orientierung an einem intern ermittelten Durchschnittswert für den Verbrauch innerhalb eines Tarifs könnte nicht transparent genug sein.
Statt Klarheit weiterer Unlimited-Tarif und neues Basis-Datenvolumen
Zusätzlich hat 1&1 den neuen Tarif Unlimited XL eingeführt. Der kommt ohne Notwendigkeit des Nachbuchens, kostet in den ersten drei Monaten 9,99 Euro, danach wird jedoch ordentlich an der Preisschraube gedreht, und zwar auf 49,99 Euro. Verwunderlich ist außerdem die Einführung eines neuen Basis-Datenvolumens in den Unlimited-Tarifen M und L. Statt anfangs 50 stehen dann beispielsweise 75 Gigabyte respektive 100 GB standardmäßig mit dem üblichen Nachbuch-Mechanismus zur Verfügung.
Interessanterweise ist im Kleingedruckten nirgendwo von einer „exzessiven Nutzung“ oder einer eventuellen Einschränkung zu lesen. Stattdessen spricht die Ankündigung von „unterschiedlichen Kundenbedürfnissen“. Hier muss also tatsächlich erst die Leistungsbeschreibung konsultiert werden.
Fazit
1&1 hat zwar nun nachgesteuert und etwas mehr Orientierung bezüglich der erwarteten und tolerierten Datennutzung gegeben, doch auch das könnte noch zu unkonkret sein. Die Nennung eines Faktors wie des Zehnfachen eines Durchschnittswerts bleibt als Information wirkungslos, solange dem Kunden dieser Durchschnittswert nicht bekannt ist. Er kann somit nicht sicher von einer Nutzung gemäß den Vorgaben ausgehen und wäre folglich von einer Kündigung bedroht.
Sollte die Frage rechtlich geklärt werden, könnte 1&1 verpflichtet werden, eine konkrete GB-Zahl in die Leistungsbeschreibung einzutragen (wie dies etwa bei SMS der Fall sind – 3.000 SMS sind hier die Obergrenze bei der „Flat“-Nutzung. Dass man das derzeit nach Möglichkeit zu vermeiden sucht, vermag kaum zu überraschen, widerspräche eine solche Angabe doch der Tarifbeschreibung als Unlimited-Tarif.
ursprünglicher Beitrag vom 12.03.2025:
Unlimited-Tarif gekündigt wegen zu hohem Datenverbrauch
Dem Kunden wurde seitens 1&1 sein Unlimited S-Tarif mit sofortiger Wirkung gekündigt. 1&1 beruft sich in der Kündigung auf Ziffer 15.3 der Leistungsbeschreibung zu dem Vertrag. Darin wird eine „übliche Nutzung“ definiert, die sich am Nutzungsverhalten anderer Kunden mit dem selben Vertrag orientiert. Eine Nutzung außerhalb dieser „üblichen Nutzung“ gilt als missbräuchlich. Die Leistungsbeschreibung spricht in der besagten Ziffer 15.3 zwar ein „unübliches Verbrauchsverhalten“ an und behält sich die Einschränkung des Datendienstes vor, konkrete Leitlinien enthielt der Abschnitt allerdings bis vor kurzem nicht.
Wie viel ist zu viel?
Im konkreten Fall spricht 1&1 in der Kündigung von einer Datennutzung von monatlich 600 GB oder mehr. Das, so der Provider weiter, wäre etwa zehnmal so viel, wie Kunden dieses Tarifs üblicherweise verbrauchen, was an und für sich schon ein interessanter Einblick ins Kundenprofil ist.
Während der Kunde eine arglistige Täuschung gemäß § 123 BGB von 1&1 verwirklicht sieht, dürfte der Sachverhalt sich womöglich doch etwas komplizierter darstellen. Grundsätzlich hat 1&1 als Leistungserbringer wohl durchaus die Möglichkeit, eine Nutzungsquote festzulegen, doch ob die Formulierung der Leistungsbeschreibung hierfür konkret genug ist, muss wohl anderweitig geklärt werden.
Sollten Fälle wie dieser von Gerichten geklärt werden, was etwa häufiger von Verbraucherzentralen bei unklaren Vertragsbedingungen vorangetrieben wird, könnten Provider gezwungen werden, konkretere Nutzungsgrenzen konsequent zu definieren. An anderer Stelle tut 1&1 das bereits und nennt etwa eine Höchstzahl von 3.000 zulässigen SMS im Rahmen der SMS-Flatrate.
Im Kern stellt sich, wie in der Vergangenheit bei ähnlich gelagerten Fällen bereits, für Kunden die Frage, ob ein Unlimited-Tarif hält, was er verspricht. Klar ist: Unlimited-Tarife für unter zehn Euro anzubieten, ist vorwiegend ein Marketing-Manöver und kann kaum ökonomisch unterlegt sein. Die Kalkulation geht stets von der im eigenen Kundenstamm isolierten Durchschnittsnutzung aus, während der Vertrag aber deutlich mehr verspricht, als der Durchschnittskunde in Anspruch nimmt. Soll dieses Versprechen eingelöst werden, erleidet die Kalkulation Schiffbruch und der Kunde die Kündigung.