Handykosten-Vergleich: Was darf ein günstiger Handytarif kosten?
Wer clever und auf Zack ist, hat seine Handyvertragskündigung rechtzeitig abgeschickt und hofft auf neue Deals, wechselt zu einem günstigeren Anbieter. Doch: In letzter Zeit entwickeln sich die Preise für besonders günstige Handytarif-Angebote nicht mehr weiter nach unten, sondern stagnieren bzw. steigen sogar wieder. Aber warum? Kann ich guten Gewissens Handykosten vergleichen und sparen?
Handykosten im Vergleich: So billig wie nie?!
2016 war das Jahr der günstigen Handytarife. Preispunkte wie 6,99 € von 1&1 Mobilfunk (für den WEB.DE Handytarif) wurden anscheinend für die Ewigkeit geschaffen. Drillisch ließ sich nicht lange bitten und entwickelte im Frühjahr den LTE-Allnet-Flat-Preiskracher winSIM LTE All für ebenfalls unter 7 €.
Und konnte mit der simply LTE 500 oder discoPLUS Allnet 500 diese Preispunkte (mit weniger Highspeed-Datenvolumen) sogar noch mal unterbieten! Im Spätsommer bzw. Herbst stürmte dann die Tarifhaus Flat heran, und erneut wehrte Drillisch mit Einführung der PremiumSIM-LTE-Tarife zu Kampfpreisen ab.
Trend-Beobachtung: Günstigste Handytarife werden wieder teurer!
Doch wie seit dem Sommer das Zinsniveau für Baukredite die Talsohle des historischen Tiefstands durchschritten hat, so scheint dies auch für Handyverträge zu gelten. Denn unsere Erfahrung der letzten Monate zeigt: Die Preisspirale dreht sich nicht mehr nur in eine Richtung: nach unten! Sondern zieht wieder an.
Jüngste Beispiele sind dafür die gestern ausgelaufenen Angebote für die mobilcom-debitel o2 Comfort Allnet (Der rabattierte Aktionspreis pro Monat stiegt von 5,55 € über 5,99 € zu Jahresbeginn auf nun 7,99 €) sowie die Klarmobil Allnet Flat (8,85 € → 12,85 €).
Handykosten sparen: Warum die Billig-Flats teurer werden
Doch warum ist das eigentlich so?
Klar, zum einen ist es der Wettbewerb, der dafür sorgt, dass Handykosten sinken! Vor allem die Provider (mobilcom-debitel, Drillisch, 1&1 Mobilfunk), die Netzkapazitäten der Betreiber zu eigenen Tarifkonstrukten bündeln, »bekämpfen« sich hier untereinander.
Mittlerweile hat man den Eindruck, als habe jeder seine Nische gefunden. Günstige Freiminuten-Tarife im D-Netz sind fest in der Hand vom WEB.DE All-Net & Surf für 6,99 € bzw. der Klarmobil Smart-Flat − hier kann Drillisch mit o2 als Fokus-Netz einfach nicht dazwischenfunken. Und den Allnet-Flat-Markt mit LTE bestimmt Drillisch im o2-Netz preispolitisch mit einer breit angelegten Marken-Strategie von discoPLUS über simply, winSIM, BILD connect bis hin zu maXXim. Hier ist derzeit einfach keine Notwendigkeit, Preise nach unten zu korrigieren.
Im Gegenteil: Dadurch, dass die winSIM LTE All auf 7,99 € im kleinsten Tarif anzog, korrigierte man auch die BASE-Netzbetreiber-Kampfpreise um je 1 € nach oben. Und ab dem 17.1.2017 soll das Niveau bei BASE weiter steigen!
Man sollte in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, dass die Zusammenlegung der E-Plus- und o2-Netze im Netzbetreiber-Segment zu einer Verschmelzung von Tarifen führte. BASE-Kunden wurden zu o2 migriert, simyo-Kunden zu Blau. Wettbewerb untereinander zwischen den einzelnen Telefónica-Marken − das gibt’s in Zukunft immer weniger. Bezeichnend dafür war ja auch, dass mit Tarifhaus ein externer Anbieter für frischen Wind sorgte − statt eine eigene o2-Marke.
Zwischenfazit: Derzeit besteht einfach keine Notwendigkeit, günstige Handytarife noch günstiger anbieten zu wollen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass das untere Preis-Level aktuell bereits sehr niedrig angesiedelt ist. Es gibt im Grunde so viele Handytarife unter 10 € wie schon lange nicht mehr!
Ein weiterer Grund für das Anziehen der Preise, vor allem bei den Allnet-Flats, stellt die Umsetzung der neuen Verbraucher-Richtlinie zum Thema EU-Roaming dar. Denn am 15.6.2017 werden die Roaminggebühren innerhalb der EU abgeschafft. Heruntergebrochen und verdichtet (ohne jetzt die einzelnen Ausnahmen zu betrachten und die exakte Regelung wiederzugeben) heißt das: Eure Inlands-Flat könnt ihr auch im EU-Ausland so nutzen, ohne dass Extrakosten mehr entstehen.
De facto sorgt diese (eigentlich verbraucherfreundliche) Regelung dazu, dass die Kosten für Allnet-Flats wieder steigen (werden). Denn implizit fordert die Regelung mehr Leistung zum gleichen Preis ein − und bei gleich bleibender Grundgebühr schmälert das die Margen der Mobilfunkanbieter.
Andererseits: Wer früher bereits mit einer »EU-Roaming-Flat« und damit verbunden einem Aufschlag für seine Tarife warb, müsste das ja eigentlich schon länger einkalkuliert haben. Tarife ohne EU-Roamingpakete dürften sich aber verteuern − und genau das lässt sich aktuell ja auch beobachten.
Zwischenfazit: Die Einführung der EU-Roamingkosten-Freiheit im Juni 2017 sorgt für indirekte Preiserhöhungen. Natürlich wird dieses Argument auch vonseiten der Mobilfunk-Provider gern angeführt, um höhere Preise zu rechtfertigen. Und das stimmt sicherlich nicht in jedem Fall. Wenn man sich aber die Billigangebote, die mit dem spitzesten Bleistift kalkuliert werden, ansieht, dann muss man schon einsehen: Preise am Limit können mit dem Wagnis EU-Roaming nicht mehr abgebildet werden.
Ein zusätzlicher Punkt, der aktuell für steigende Kosten im Billigpreis-Segment der Handytarife sorgt, ist rein marktwirtschaftlicher Natur. Und zwar wird die Psychologie des Preises wieder verstärkt eine Rolle spielen. Echte Schnäppchenjäger lassen sich ja vielleicht nicht so einfach von Streichpreisen verführen, der Großteil der Verbraucher aber schon. Und so muss das allgemeine Preisniveau wohl erst einmal wieder steigen, damit man ein Billigangebot wirklich noch wahrnimmt.
Selbst wir sind ja schon ein wenig abgestumpft, schreiben hier einen Artikel über die aktuelle »Krise« der steigenden Handykosten, obwohl man sich eine Allnet-Flat ohne Laufzeit schon für 6,49 € im Monat holen kann. Da stimmt die Verhältnismäßigkeit wohl nicht mehr so ganz. Es demonstriert aber eigentlich ganz gut die Lage: Selbst wenn heute jemand mit einer LTE Allnet-Flat für 7 € um die Ecke kommt, reißt uns das erst mal nicht vom Hocker, auch wenn das nach wie vor tierisch günstig ist.
Zwischenfazit: Damit Allnet-Flats zwischen 5 und 8 Euro wieder so richtig als günstig wahrgenommen werden können, muss das Preisniveau anscheinend wieder anziehen. Denn nicht der absolute Preis pro Monat ist allein entscheidend, sondern die »gefühlte Ersparnis.«
Kommen wir nun zu einem Argument, das eigentlich widerlegt, dass die Handykosten steigen! Denn während im Niedrigpreis-Segment kein Tiefpreis mehr auf den nächsten folgt, ist es im Upgrade-Segment anders. Handytarife mit viel Datenvolumen werden nämlich günstiger! Und das ist noch eigentlich mal eine gute Nachricht! Im Markt der Upgrade-Verträge ist Musik drin!
Die 4GB Allnet-Flats schießen zwar vielleicht nicht wie Pilze aus dem Boden, sie sind aber da. Und zwar zu richtig guten Preisen: Die Blau Allnet-Flat L mit 3GB LTE stößt ab 17.1.2017 neu dazu, als Blau Allnet XL mit 4GB kostet sie 19,99 € im Monat. Ohne LTE, dafür aber im D2-Netz von Vodafone, gibt’s die freeFlat 4000 für 14,95 € Grundgebühr. Im D1-Netz der Telekom kommt ihr bei der sparhandy Allnet-Flat mit 16,90 € Grundgebühr im Monat aus.
Zwischenfazit: Der Markt der Upgrade-Verträge, also prinzipiell bei Angeboten mit »Überversorgung« (Wer reizt eine 4GB Internet-Flat aus?), wird weiter ausgebaut, hier wird es − so unsere Prognose − wohl auf lange Preis-Leistungs-Sicht günstig bleiben.
Zu hohe Handykosten wegen falscher Rechnung
Handykosten sparen: Das geht immer noch gut!
Keine Panik! Auch wenn die günstigsten Handytarife anscheinend im Preis wieder anziehen werden − nicht immer ist ja der günstigste Handytarif der beste Handyvertrag im Vergleich. Das Preisniveau ist immer noch niedrig. Wisst ihr noch, was ihr vor 2 Jahren für euren Handyvertrag gezahlt habt? Vergleicht das mal mit heutigen Angeboten bzw. Inklusiv-Leistungen. Auf lange Sicht stimmt der Trend nach wie vor.
Aber: Unter 10 € wird sich wohl nicht mehr viel tun in diesem Jahr, da ist man eigentlich schon in den Vormonaten am Limit gewesen. Und die nicht wegzudiskutierenden Neuregelungen fürs EU-Roaming müssen irgendwie aufgefangen werden. Für diese Billigangebote gilt wohl: Nicht mehr allzu lange warten. Je näher der Juni 2017 rückt (und damit verbunden die EU-Regel in Kraft tritt), desto teurer wird’s wohl.
Wer sich dagegen eh nicht im Niedrigpreis-Segment tummelt, sondern leistungsfähige Verträge zum fairen Preis sucht, für den dürfte auch in Zukunft einiges möglich sein. Meiner Meinung nach werden vor allem Handyverträge mit viel Datenvolumen immer attraktiver werden.
Und auch für Kooperationstarife (Tarifhaus/Burda, Drillisch/BILD) mit Zusatzleistungen (wie E-Paper oder App-Nutzung) dürften aufgrund der Möglichkeiten zur Quersubventionierung attraktivere Preise folgen. Es bleibt ein spannendes Jahr, nur vielleicht nicht im Tiefstpreis-Segment!
Kommentar verfassen