Geister-Roaming: Das steckt hinter den unnötig-hohen Reisekosten!
Was ist Geister-Roaming?
Von Geister-Roaming spricht man, wenn sich ein Smartphone trotz deaktivierten Datenroamings in ein ausländisches Mobilfunknetz einbucht. Dabei kommt es zu Übertragungen geringer Datenmengen – und die sind mit Kosten für dich verbunden. Tritt dieses Phänomen auf, dann fast immer bei LTE-Datenverbindungen im Nicht-EU-Ausland. Genau genommen dort, wo das EU-Roaming nicht gilt. Also beispielsweise an EU-Außengrenzen sowie an Grenzen innerhalb der EU zu Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz.
Smartphones suchen in der Regel automatisch nach dem besten verfügbaren Netz. Trotz ausgeschalteten Datenroamings führt dies unter Umständen zu einer kurzzeitigen Einbuchung in ein ausländisches Netz. Und so können schon kleinste Datenmengen anfallen, die freilich etwas kosten.
- Als ähnlich problematisch wird aktiviertes VoLTE (Voice over LTE) angesehen, bei dem Telefongespräche als Daten abgerechnet werden.
Hauptursache für Geister-Roaming ist eine wichtige Eigenschaft des LTE-Standards: Im Hintergrund werden netzinterne Signalisierungsdaten übertragen, die von ihrer Größe minimal sind.
Geister-Roaming ist also kein Fall für die Ghostbusters. Die können Dir nämlich nicht helfen, wenn Dir Dein Provider plötzlich eine hohe Mobilfunkrechnung stellt.
Geister-Roaming: Probleme den Providern bekannt
Ungefähr seit Aufkommen der ersten Smartphones mit LTE im Jahr 2012 häufen sich vor allem während der Urlaubszeit die Berichte über Geister-Roaming.
Aktuelle Beiträge in den Community-Foren von Vodafone (1, 2) oder o2 (1) verdeutlichen: Einige Anbieter haben noch keine endgültigen Lösungen gefunden, um Dir den Ärger schon im Vorfeld zu ersparen. In Österreich und in der Schweiz (1, 2) schildern Betroffene Ähnliches.
Das steht teils im Widerspruch zu den Aussagen von Vodafone, Telefónica oder der Telekom, die bereits 2016 gegenüber BILD betonten, Geister-Roaming würde nicht mehr vorkommen.
- So oder so: Den Providern waren und sind die Probleme bekannt.
- Das ist allerdings eine gute Nachricht, auch wenn Du Dich möglicherweise gerade über eine happige Mobilfunkrechnung ärgerst.
Erster Schritt: Anbieter kontaktieren
Hat sich Dein Smartphone in ein ausländisches Netz eingebucht, obwohl Du Roaming deaktiviert hattest, dürften eigentlich keine Kosten entstehen. Schließlich nutzt Du bei dieser automatischen Aktivität des Telefons keinerlei Funktionen wie das Abrufen von E-Mails, das Schicken von Nachrichten über Messenger und dergleichen.
Solltest Du das Gefühl haben, Dir wurden trotzdem Roamingkosten in Rechnung gestellt, obwohl es Deiner Auffassung nach zu keinen Datenübertragungen kam, kontrolliere – sofern vorhanden – zuerst Deinen Einzelverbindungsnachweis (EVN). Auf diesem erfährst Du, ob Du Dich nicht doch „bewusst“ in ein ausländisches Netz eingewählt hattest, um zum Beispiel eine Nachricht zu versenden.
Findest Du auf dem EVN keine Auffälligkeiten, wende Dich an den Support Deines Anbieters. Diversen Forenbeiträgen zufolge sind die Mitarbeiter der meisten Provider schon für den Begriff „Geister-Roaming“ sensibilisiert und bieten Erstattungen an. Es handelt sich hierbei um Kulanz-Angebote, wie auch schon die WELT vor einigen Jahren schrieb.
Rechnung reklamieren bei Geister-Roaming
Stellt sich der Support quer und Dein Anbieter besteht auf die Kosten fürs Geister-Roaming, hilft nur eines: Telefonrechnung reklamieren. Das ist innerhalb von 8 Wochen nach Erhalt der Rechnung möglich. Fordere explizit einen Einzelentgeltnachweis (EEN) und eine technische Prüfung (oft auch technischer Prüfbericht genannt) an. Dein Anbieter ist dazu verpflichtet. Die Reklamation sollte schriftlich und möglichst per Einschreiben erfolgen. Details zur weiteren Vorgehensweise erhältst Du in unserem Artikel zur falschen Handyrechnung.
Wie die Verbraucherzentrale betont, muss der Netzbetreiber nachweisen, dass die zu zahlenden Verbindungen korrekt waren und die „…technischen Einrichtungen für die Ermittlung der Verbindungsentgelte fehlerfrei funktionierten“. Genau dafür ist der technische Prüfbericht nötig. Nur dann, wenn Du es explizit verlangst, erhältst Du das Prüfungsergebnis. Der Anbieter ist zur Vorlage ansonsten nicht verpflichtet.
Finden sich im EEN und im Prüfbericht Ungereimtheiten und Fehler, stehen die Chancen auf eine Erstattung sehr gut. Denn hier wird zu Gunsten der Kunden entschieden. Stimmen dagegen die Nachweise, wird es schwierig. Schließlich ist es nicht ohne weiteres möglich, zu beweisen, dass sich Dein Telefon trotz eines deaktivierten Roamings garantiert in ein ausländisches Netz eingebucht hat.
Bin ich von Geister-Roaming betroffen?
Du erkennst Geister-Roaming recht schnell in der Verbindungsübersicht. In dieser finden sich meist viele aufeinander folgende Datenverbindungen mit geringen Datenmengen von 100 Kilobyte. Wie das aussehen kann, präsentiert ein Nutzer im Forum von Vodafone.
Roaming-Gebühren im Nicht-EU-Ausland werden häufig pro angefangenes Megabyte abgerechnet. Zahlst Du bei einem Anbieter 2 Euro/Megabyte, fallen spätestens auf einem Einzelentgeltnachweis die sich sehr häufig wiederholenden Summen auf.
Fällt die hohe Handyrechnung auch noch in einen Zeitraum, in dem Du im Urlaub oder auf Dienstreise in einem Nicht-EU-Land wie der Schweiz, Türkei oder USA warst, könnte es sich um Geister-Roaming handeln. Eventuell hat auch schon der Besuch eines Ortes in der Nähe eines Nicht-EU-Landes gereicht, um ungewünschte Roaming-Kosten zu verursachen. Prüfe dazu passend unsere Tipps zum Thema Roaming in Grenznähe.
Wie kann ich Geister-Roaming verhindern?
So aufregend das Reisen ins Ausland ist – die potenziellen Kostenfallen im Roaming solltest Du stets im Hinterkopf behalten. Und um das verhältnismäßig selten auftretende Geister-Roaming gar nicht erst aufkommen zu lassen, konfiguriere Dein Handy entsprechend.
Das kannst Du gegen Geister-Roaming tun:
- Mobile Daten (Roaming) deaktivieren: Schalte in den Einstellungen Deines Smartphones die Verwendung mobiler Daten ab.
- Netz manuell auswählen: Das Smartphone sucht standardmäßig automatisch den für Dich relevanten und besten Netzbetreiber mit dem stärksten Funknetz. Dadurch kann es in Grenznähe zum Einwählen in ein teures Fremdnetz kommen. Ändere dies auf „manuell“, um ein selbständiges Einbuchen zu vermeiden.
- Netzmodus auf 3G ändern: Geister-Roaming trat in der Vergangenheit immer beim 4G/LTE-Netzmodus aus. Im Ausland solltest Du, wenn möglich, auf 3G wechseln. Beachte jedoch, dass in einigen Ländern 3G und teils sogar 2G abgeschaltet wurde.
- VoLTE abschalten: Mit Voice over LTE führst Du Telefongespräche über das LTE-Datennetz. Es entsteht also ein Datentransfer. In den letzten Jahren war VoLTE bei einigen Nutzern für vermeintliches Geister-Roaming verantwortlich. Daher: Schalte es ab.
- App-Aktivitäten überprüfen: Apps können unter Umständen die Datenroaming-Sperre umgehen. Prüfe, ob die Berechtigungen korrekt vergeben sind und schalte Elemente wie „Im Hintergrund aktualisieren“ ab. Auch sollten Mailprogramme keine E-Mails automatisch herunterladen oder sich Dein Telefon nicht eigenständig aktualisieren dürfen.
- Flugmodus: Das Einschalten des Flugmodus (oft auch Offline-Modus genannt) sollte genügen. Auf Nummer sicher gehst Du, wenn Du die oben genannten Punkte ebenfalls berücksichtigst.
Auf Nummer sicher: Roaming komplett sperren & Kostenairbag
Möchtest Du nichts dem „Zufall“ überlassen, wende Dich vor Reiseantritt an Deinen Anbieter, um Roaming vollständig (temporär) sperren zu lassen. Oder Du informierst Dich bei ihm gleich über Roaming-Tarife für das Nicht-EU-Ausland, um auch in weit entfernten Ländern auf Internet nicht verzichten zu müssen.
Seit dem 1. Juli 2012 ist laut Bundesnetzagentur der Kostenairbag bei Daten-Roaming aktiv – auch im Nicht-EU-Ausland. Das heißt: Mehr als 59,50 Euro dürften beim Geister-Roaming eigentlich nicht anfallen.
Sobald 80 Prozent der Kostengrenze erreicht werden, muss Dich Dein Provider informieren, eine Sperre ankündigen oder eine Alternative aufzeigen.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Besuchst Du ein Land, bei dem Dein Nutzungsverhalten nicht in Echtzeit erfasst werden kann, greift die Kostenobergrenze nicht mehr. Und dann kann es richtig teuer werden.
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