Mit KI schreiben, übersetzen und Bilder ergänzen

Galaxy AI im Test: So schlau ist Dein Samsung-Handy jetzt

Seit dem Galaxy S24 schlaut Samsung eigene Smartphone-Modelle mit künstlicher Intelligenz auf. Welche Funktionen es gibt und was sie Dir bringen, erfährst Du hier.
Schriftzug von Galaxy AI auf einem Bildschirm, davor ein Samsung-Smartphone in einer Hand

Welche nützlichen Funktionen sie auf einem Samsung-Smartphone bietet, muss Galaxy AI im Test beweisen. (Bild: Berti Kolbow-Lehradt, Handyhase.de)

Um Texte zu schreiben und zu übersetzen oder Fotos künstlerisch zu bearbeiten, war Software lange Zeit zu begriffsstutzig oder zu einfallslos. Mit der nächsten Entwicklungsstufe sogenannter Künstlicher Intelligenz (KI) auf Smartphones ändert sich das. Sie kann nun auch kreative Leistungen erbringen, also Texte und Bilder generieren. Deswegen ist auch von generativer KI die Rede.

Während es bekannte Vertreter wie ChatGPT vor allem im Browser oder in separaten Apps gibt, verpflanzt Samsung die künstlich aufgeschlauten Algorithmen direkt in die Smartphone-Bedienoberfläche. Unter dem Namen Galaxy AI soll Dir ein ganzes Bündel neuer Funktionen den digitalen Alltag mit dem Smartphone erleichtern. Um auszuprobieren, was sie wirklich bringen, hatte Handyhase die Galaxy AI im Test.

Was ist Galaxy AI?

Galaxy AI ist ein Marketingbegriff von Samsung, der eine Sammlung neuartiger, generativer KI-Funktionen für Smartphones der Galaxy-Reihe unter sich vereint.

  • AI steht für Artificial Intelligence (deutsch: Künstliche Intelligenz). Die aufgeschlauten Algorithmen sind viel besser als ältere Software in der Lage, auf Kommando Texte zu erstellen und Bilder aufwendig zu retuschieren oder künstlerisch zu verfremden.
  • Die Funktionen stecken seit dem Erscheinen des Galaxy S24 und dessen Varianten in den System-Apps von Samsungs Bedienoberfläche One UI auf Basis von Android 14. Dort ist das Funktionsbündel unter „Erweiterte Intelligenz“ zusammengefasst.
  • Eingebaut hat Samsung Galaxy AI vor allem in Anwendungen, die mit Text- und Bildverarbeitung zu tun haben. Das gilt für Chat-Apps ebenso wie für die Galerie-App oder Audio-Anwendungen wie die Telefon- und Recorder-App.
Screenshots von Galaxy AI Funktionen und dem Ort des Menüeintrags im One UI OS

Galaxy AI ist tief in One UI eingewoben. In den Einstellungen des Betriebssystems sind die Funktionen gebündelt unter „Erweiterte Intelligenz“ zu finden. Dort gibt es auch eine Option, die einen Datenabfluss ins Internet verhindern soll. (Screenshots: Handyhase.de)

Das Besondere an Galaxy AI ist, dass sie ihre aufwendigen Berechnungen zum Teil direkt auf dem Gerät erledigt.

  • „On-device KI“ bürgert sich in dieser Hinsicht als denglischer Fachbegriff ein.
  • Normalerweise braucht generative KI die Rechenpower von Webservern. Das ist auch bei Galaxy AI nicht komplett zu vermeiden. Einige ihrer Funktionen benötigen eine Internetverbindung, etwa wenn sie Texte zusammenfasst oder Bilder bearbeitet.
  • Bei cloudbasierten Funktionen musst Du auch mit einem Samsung- und einem Google-Konto auf dem Android-Smartphone eingeloggt sein.

Einfach zu durchschauen ist es nicht, was Samsung mit und ohne Internet tut.

  • Daran ändert auch nicht, dass bei jeder ersten App-Öffnung ein Erklärtext zur Datenverarbeitung erscheint.
  • Wenn Du nicht möchtest, dass die KI deine privaten Daten im Internet verarbeitet, kannst Du in den „Erweiterten Einstellungen“ des Systems einen Schalter umlegen.
  • Dann funktioniert nur, was Galaxy AI offline beherrscht. Mit dem vagen Warnhinweis zu möglichen Funktionseinschränkungen möchte Dich Samsung motivieren, den Schalter lieber nicht zu betätigen.

Auf welchen Smartphones läuft Galaxy AI?

Ihre Premiere feierte Galaxy AI auf der S24-Reihe. Das umfasst die Modelle:

Seit dem Update von Samsungs Android-Oberfläche One UI 6.1 ist Galaxy AI auf weiteren Smartphones und Tablets verfügbar. Und zwar auf dem:

Zudem will Samsung voraussichtlich im Mai 2024 weitere Geräte mit KI-Funktionen nachrüsten. Nämlich diese:

Was kostet Galaxy AI?

Derzeit bietet Samsung das KI-Funktionsbündel von Galaxy AI auf allen kompatiblen Smartphones und Tablets kostenlos an. Das soll auch so bleiben, allerdings nur bis Ende 2025. Bis dahin gilt die Gratis-Garantie. Was danach passiert, ist unklar.

Ein Samsung-Manager ließ durchsickern, dass nach dem Gratis-Zeitraum bestimmte Funktionen kostenpflichtig werden könnten. Möglicherweise führt Samsung dann ein „Freemium“-Modell ein, bei dem eine Grundausstattung kostenlos inkludiert ist und nur Extras zu bezahlen sind. Zu konkreten Plänen hält sich der Handy-Konzern vorerst bedeckt.

Welche Funktionen bietet Galaxy AI?

Ende April 2024 bietet Galaxy AI neun Funktionen. Sie lassen sich in drei Bereiche unterteilen: Kommunikation, Textzusammenfassung und Bildfunktionen.

Kommunikation

  • Telefon-Simultanübersetzung: Bei Sprachanrufen kannst Du das Gesagte live übersetzen lassen ­– sowohl Deines, als auch das des Gegenübers. Das Gesagte wird simultan durch eine künstliche Stimme ausgegeben. Die echten Stimmen blendet die Software aus. 13 Sprachen versteht sie derzeit.
  • Samsung-Tastatur mit Textgenerator: Auf Knopfdruck ändert die KI in Chat- oder E-Mail-Apps den Sprachstil Deiner Nachricht, damit sie privat und beruflich angemessen klingt.
  • Dolmetscher-App: Die in den Schnelleinstellungen aufrufbare Software übersetzt live Gesprochenes von Dir und Deinem Gegenüber und gibt es per künstlicher Stimme oder als Text auf dem Display aus.
Screenshots der Funktionen Live-Übersetzung und Dolmetscher von Galaxy AI

Samsungs Telefon-App bietet eine Simultanübersetzung. In den Schnelleinstellungen von One UI gibt es ein Icon für eine Dolmetscherfunktion. (Screenshots: Handyhase.de)

Textzusammenfassungen

  • Samsung Notes: Stichpunkte kann die App automatisch formatieren, zusammenfassen, korrigieren und übersetzen.
  • Diktiergerät: Die App wandelt eingesprochene Aufnahmen auf Knopfdruck in Abschriften um – auf Wunsch als Übersetzung in eine andere Sprache.
  • Samsung Internet: Der Browser fasst Dir auf Wunsch die Aussagen langer Webseiten in wenigen Stichpunkten zusammen.

Bildfunktionen

  • Fotoeditor: In der Galerie-App kann die Galaxy AI Objekte innerhalb von Bildern vergrößern, verkleinern, entfernen und fehlende Bereiche neu auffüllen, zum Beispiel mit Himmel. Um Fake-Veröffentlichungen vorzubeugen, trägt Samsung in den Metadaten des Fotos ein KI-Wasserzeichen ein.
  • Video-Zeitlupe: Die Galerie-App rechnet Zwischenbilder in Videos ein, damit Du sie flüssig in Zeitlupe abspielen kannst, obwohl Du sie gar nicht als solche aufgenommen hast.
  • Circle to Search: Samsung darf diese Google-Funktion nutzen, damit Du in Social-Apps oder auf Webseiten Bildobjekte einkringeln kannst, um Zusatzinfos darüber zu erhalten.

Samsung Galaxy AI im Test

In der Theorie klingt Galaxy AI nützlich. Aber was bringen die KI-Funktionen in der Praxis wirklich? Um das herauszufinden, haben wir sie stichprobenartig auf einem Samsung Galaxy S24 getestet.

Bildfunktionen von Galaxy AI im Test

Die Bildauffüllung funktioniert noch unzuverlässig, mal gut, mal schlecht.

  • Bei einem schief fotografierten Bild gelingt es der Galerie-App sehr gut, das Bild zu begradigen und den dadurch freigewordenen Bereich im Foto mit Himmel und Bäumen aufzufüllen.
  • Mit anderen Motiven geht das schlechter. Bei der Nachbildung von Händen, Kleidung und Tischoberflächen generiert die Galaxy AI im Test Bildfehler.
Screenshots der Bildauffüllen-Funktion von Galaxy AI

Schiefer Horizont? In der Galerie-App kann man das Bild einfach zurechtrücken und durch die KI auffüllen lassen, ohne das etwas vom Motiv verloren geht. Bei Landschaftsfotos funktioniert das gut. (Screenshots: Berti Kolbow-Lehradt, Handyhase.de)

Demgegenüber klappt die KI-generierte Video-Zeitlupe durchweg einwandfrei.

  • Wir tippen in der Galerie-App auf eine Kachel eines Videos, halten in der Einzelansicht den Finger auf das Bild gedrückt und schon laufen die Bilder in Zeitlupe – und zwar flüssig.
  • Im Editierbereich kannst Du das Zeitlupentempo dauerhaft aktivieren und abspeichern.
Screenshots der Video-Zeitlupen-Funktion von Galaxy AI

Das Pfotenschlecken der Katze in Zeitlupe sehen, obwohl das Video nicht in Zeitlupe aufgenommen wurde? Mit der KI-Funktion von Samsung geht das im Test gut. (Screenshots: Berti Kolbow-Lehradt, Handyhase.de)

Circle to Search funktioniert ebenfalls wie versprochen.

  • Im Handyhase-Feed der Instagram-App malen wir mit dem Finger einen Kreis um ein abgebildetes Galaxy-Smartphone.
  • Dann erhalten wir prompt Infos zum Modell und wo es das zu kaufen gibt.

Kommunikation mit Galaxy AI im Test

Die Live-Übersetzung beim Telefonieren funktioniert grundsätzlich, offenbart im Test aber ein paar Tücken.

  • Ein Telefonat mit einer deutsch sprechenden Amerikanerin bestätigt, dass die Übersetzung funktioniert. Über weite Strecken findet die Software  auf Anhieb die passende Worte in der jeweils anderen Sprache.
  • Schnelles Durcheinanderplappern, wie es in Konversationen üblich ist, verschlechtert das Hörverstehen der KI. Dann schleichen sich Fehler ein, die in Nonsens-Übersetzungen münden.
  • Eine optimale Übersetzung gelingt nur, wenn jedem Redebeitrag eine klare Sprechpause folgt, die im natürlichen Gesprächsfluss unüblich ist. Diese Disziplin lässt sich nur bei kurzen, informativen Anrufen unangestrengt durchhalten. Längere, freundschaftliche Schwätzchen sind so schwer vorstellbar.
  • Zusätzlich störend: Anders als gewünscht, blendet Galaxy AI im Test die Stimmen der Beteiligten nicht aus. Stattdessen hören beide Sprechende sich gegenseitig und zusätzlich die beiden künstlichen Stimmen, die das Gesagte übersetzen. Das verwirrt und unterbricht den Redefluss. Haben wir etwas Falsches eingestellt? Womöglich ja. Denn die Erklärtexte zu den Schaltflächen sind schwammig und missverständlich formuliert. Hier kann und sollte Samsung per Software-Update nachbessern.

Der Chat-Assistent der Samsung-Tastatur hilft auf Anhieb den Sprachstil zu wechseln. Dazu drücken wir nach Eingabe einer Nachricht auf das Sterne-Symbol.

  • Die KI formuliert den Text umgehend umgangssprachlich oder höflich um, ergänzt auf Wunsch passende Hashtags oder Emojis.
  • Aber den richtigen Ton trifft die Funktion mit Galaxy AI im Test nicht immer. In der höflichen Variante schleichen sich falsch übersetzte englische Geschäftsfloskeln ein („Ich hoffe, die Nachricht findet sie gut.“)
  • Außerdem wirken die Vorschläge belang- und lieblos. Es fehlt die menschliche, persönliche Note.
Screenshots der Chat-Assistenz von Galaxy AI

Du willst eine Nachricht schreiben und weißt nicht, wie Du den richtigen Ton triffst? Die KI-gestützte Chat-Assistenz hilft dabei, wenn auch nicht immer perfekt. (Screenshots: Berti Kolbow-Lehradt, Handyhase.de)

Die Abschrift einer Sprachaufnahme lässt sich einfach anschieben, indem Du eine Aufnahme auswählst, auf „Transkription“ drückst und eine Zielsprache wählst.

  • Das Ergebnis ist nicht astrein, womöglich weil wir genuschelt haben. Die Arbeitsgrundlage ist aber viel schneller vorhanden, als alles selbst abzutippen.
  • Sehr gut gelungen ist die automatische Zusammenfassung, zumindest bei einem kurzen Text.
Screenshots der Transkriptionsfunktion von Galaxy AI

Bei einer kurzen Sprachaufnahme funktioniert die Transkription okay, die Zusammenfassung sehr gut. (Screenshots: Berti Kolbow-Lehradt, Handyhase.de)

Textzusammenfassung mit Galaxy AI im Test

Die Browser-Zusammenfassung liefert in der Stichprobe durchwachsene Ergebnisse.

  • Unseren Text über Smartphones als Alternative zu Kameras fasst die Galaxy AI auf Wunsch in wenigen oder umfangreicheren Stichworten zusammen.
  • Die kurze Zusammenfassung enthält einen Aspekt, der missverständlich bis fehlerhaft ist.
  • Die lange Zusammenfassung trifft nicht den Kern, sondern listet zum Teil nebensächliche Aspekte auf.
  • Wer ungern liest, enthält einen schnellen Überblick, aber womöglich nicht das vollständige und richtige Bild.
Screenshots der Webseiten-Zusammenfassung von Galaxy AI

Wenn Galaxy AI Webseiten-Artikel zusammenfasst, verhilft das zu einem schnellen Überblick, kann aber sinnentstellende Verkürzungen und unwichtigere Nebenaspekte enthalten. (Screenshots: Berti Kolbow-Lehradt, Handyhase.de)

Mit der Aufbereitung von Notizen in Samsung Notes sind wir unzufrieden. Die KI-Funktion verspricht, die Stichpunkte einzelner Abschnitte oder der ganzen Datei mit Überschriften sowie Zwischentitel zu formatieren und zusammenzufassen. Aber Wunder darf man nicht erwarten.

  • Das Ergebnis unserer Stichprobe ist wirrer Quatsch, der uns keinerlei Arbeitsschritte abnimmt. Das liegt vor allem daran, dass Galaxy AI nicht die gesamten Notizen berücksichtigt, weil sie ihr zu lang sind. Für eine brauchbare Arbeitserleichterung müsste man also Abschnitt für Abschnitt vorgehen – wie umständlich!
  • Dann ist aber auch eine Zusammenfassung unbrauchbar, weil sie nur einen Ausschnitt abdeckt. Offenbar benötigt die Galaxy AI kürzere und strukturiertere Notizen, um sie noch etwas besser zu strukturieren. Aber das können wir dann ja auch gleich selbst erledigen.

Fazit zu Galaxy AI im Test

Noch nicht jede Funktion der Galaxy AI ist eine verlässliche Alltagshilfe. Aber je nach Situation kann sie Dir lästige Aufgaben abnehmen.

Das einfache Umformulieren von Textnachrichten in einen höflichen Duktus ist beim Austausch mit Behörden oder Unternehmen ein Vorteil. Und bevor du ein schief fotografiertes Foto in den digitalen Papierkorb wirfst, lohnt sich ein Versuch, es mithilfe von Galaxy AI zu begradigen und fehlende Stellen aufzufüllen.

Dafür nicht mehr separate Apps aufrufen zu müssen, ist praktisch. Entsprechende Foto-Apps, die das können, sind oft kostenpflichtig. Samsung integriert die generative KI vorerst kostenlos ins System.

Damit man bereit ist, dafür zu zahlen, muss der Galaxy-Konzern aber die Qualität und Zuverlässigkeit der Funktionen noch stärken. Die Chancen dafür stehen gut, wenn sich der rasante Fortschritt bei generativer KI so fortsetzt wie in den vergangenen Jahren. Dann könnten im Gerät eingebaute KI-Funktionen sich schon bald zu einem echten Kaufkriterium entwickeln.

Mit dem, was Samsung jetzt schon kann, ist der Hersteller etwa Apple und Xiaomi voraus und hat die Chance, diesen Vorsprung noch weiter auszubauen.

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Profilbild von Berti Kolbow-Lehradt
Berti ist freier Technikjournalist mit einem Her(t)z für Smartes - vom Smartphone bis zum Smart Home. Weil er dazu gerne Tipps gibt, trägt er den Beinamen "RatgeBerti" und schreibt darüber außer für die Handyhasen für viele weitere große Magazine.

Foto: Daniel Kunzfeld

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