App ersetzt Personalausweis – europaweit

EUDI-Wallet: Das musst Du über die digitale Brieftasche wissen

Kaum zu glauben, aber wahr: Mit der EUDI-Wallet wird künftig nicht nur Dein Personalausweis digital, sondern alle wichtigen Dokumente lassen sich auf Deinem Smartphone in einer digitalen Brieftasche speichern. Bereits 2027 soll diese Wallet verfügbar und auch im EU-Ausland gültig sein. Wir fassen für Dich zusammen, was Du über die EUDI-Wallet wissen musst.

EUDI-Wallet

Was genau ist die EUDI-Wallet?

Solltest Du Dich über die EUDI-Wallet informieren wollen, landest Du zwangsläufig auf den Webseiten einiger Bundesministerien oder gar bei der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND). Schnell wird klar: Das hört sich alles komplizierter an, als es in Wirklichkeit ist. Denn letztlich handelt es sich um eine digitale Brieftasche, durchaus mit Google Wallet, Samsung Wallet oder Apple Wallet vergleichbar.

EUDI-Wallet steht für European Digital Identity Wallet. Sie soll eine Authentifizierung Deiner Person on- und offline mit Deinem Smartphone ermöglichen. Auch verspricht sie rechtsgültige Signaturen, also Unterschriften. Deine virtuelle Brieftasche wird somit genauso akzeptiert wie Dein richtiger Personalausweis. In der Wallet kannst Du zusätzliche Dokumente wie den Führerschein, die Krankenkassenkarte oder andere Ausweise speichern. Sie sind bei Bedarf abrufbar und werden von allen EU-Mitgliedsstaaten akzeptiert.

Bis 2027 muss jedes EU-Land zumindest eine EUDI-Wallet für die Bevölkerung bereitstellen. Und daran wird sich auch Deutschland halten. Eine staatliche Wallet soll bis dahin erhältlich sein und kontinuierlich weitere Funktionen erhalten. Als wichtigste Kernfunktion wird die Identifizierung genannt, mit der Du Deinen Ausweis auf das Smartphone übertragen und Dich sicher ausweisen kannst.

EUDI-Wallet: die Hintergründe

Die staatliche EUDI-Wallet ist fest geplant, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser Ende September 2024 bestätigte. Die Wallet ist ohnehin Bestandteil der „Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt“ (eIDAS 2.0) und damit verpflichtend für jeden Mitgliedsstaat der EU. Also auch für Deutschland.

Innovationswettbewerb bereits gestartet

Es mag manche verwirren, aber Deutschland wagt einen interessanten Weg bei der Umsetzung der EUDI-Wallet.

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) arbeiten gemeinsam an der Realisierung. Besonders spannend ist hierbei das Vorgehen von SPRIND. Die Bundesagentur startete einen Innovationswettbewerb zum Sammeln von Erkenntnissen und zur Erprobung technischer Lösungen für die deutsche EUDI-Wallet.

Gegenwärtig tüfteln mehrere Teams an deutschen EUDI-Wallets mit finanzieller Unterstützung der Ministerien. Die dritte und letzte Stufe dieses Wettbewerbs soll Mitte 2025 enden, im Verlauf des kommenden Jahres könnten sogar erste Wallets erscheinen. Bereits am 6. November 2024 waren Demo-Wallets im Rahmen des 39. Internet Identity Workshops (IIW) in Mountain View, Kalifornien verfügbar – die Entwicklungen gehen also voran. Am Schluss werden die entstandenen Wallets wohl auch auf EU-Ebene geprüft, bevor sie für die Öffentlichkeit freigegeben werden.

Überraschend dürfte sein: Die im Rahmen des Wettbewerbs entwickelten EUDI-Wallets werden offen diskutiert, die Quellcodes sind frei verfügbar (Open Source) und stehen auch anderen Entwicklern, Institutionen und Forschungseinrichtungen zur Verfügung. Sogar Unternehmen sind beteiligt, darunter zum Beispiel das Team „Samsung Solution for EUDI-Wallets“.

Mehr als eine EUDI-Wallet sehr wahrscheinlich

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) betont zusätzlich: „Um Bürgerinnen und Bürgern Wahlfreiheit zu geben und Innovation zu fördern, sollen neben der staatlichen EUDI-Wallet die Voraussetzungen für nicht-staatliche Anbieter geschaffen werden. So wird es auch Unternehmen, Stiftungen oder Forschungseinrichtungen möglich sein, eigene EUDI-Wallets zu entwickeln und in Deutschland anerkennen zu lassen.

Konkret bedeutet dies: Zum offiziellen Start der EUDI-Wallets dürften mehrere kostenfreie Angebote erscheinen.

Wir vermuten: Es ist wahrscheinlich, dass besagte Wallets wie Google Wallet, Samsung Wallet oder Apple Wallet bis dahin EUDI-Wallet-konform sind und von Dir alternativ zu einer staatlichen App verwendet werden können.

Wie funktioniert die EUDI-Wallet?

In Deiner Wallet sind Deine Identitätsnachweise auf Deinem Smartphone gesichert. Grundvoraussetzung ist die Wallet-App, die zusätzlich geschützt sein wird. Vermutlich über ein zuvor vergebenes Passwort. Deine sensiblen Daten werden verschlüsselt auf dem Telefon gespeichert.

Sobald Du einen Identitätsnachweis in die Wallet speicherst, erfolgt eine einmalige Prüfung durch eine unabhängige, staatliche Stelle. Das könnte ähnlich ablaufen wie bei bisherigen Video-Ident-Verfahren.

Die Vorlage eines digitalen Identitätsnachweises, zum Beispiel bei Deiner Bank oder beim Abschluss eines Handyvertrages, läuft über die Wallet. Du als Inhaber gibst die Weitergabe individuell und nur mit Deiner Zustimmung frei.

Du kannst davon ausgehen, dass sich die Vorgehensweise von Wallet zu Wallet geringfügig unterscheidet. Aber in der Basis soll es stets so einfach zu bedienen sein wie bei bisherigen Wallet-Lösungen für Tickets, Kreditkarten und dergleichen.

Unklar ist gegenwärtig noch, ob EUDI-Wallets auf zeitgemäße Smartphone-Funktionen wie Fingerabdruckscanner oder Gesichtsentsperrung und NFC zugreifen können. Wir rechnen damit.

Wozu brauche ich die EUDI-Wallet?

Um es zu betonen: Die Verwendung einer EUDI-Wallet ist weder verpflichtend noch mit Kosten verbunden. Zugleich bietet sie allerlei Mehrwerte, darunter beispielsweise:

  • Digitale Speicherung und Abruf von Ausweisdokumenten wie Personalausweis oder Führerschein fürs gesamte EU-Gebiet
  • Elektronisches Unterschreiben und Abschließen von Verträgen, darunter Eröffnung von Bankkonten, Registrieren von SIM-Karten, Identitätsnachweis in Online-Shops
  • Freigabe digitaler Zahlungen (z.B. durch Speicherung Deiner Kreditkarten in der Wallet)
  • Verwenden elektronischer Gesundheitsdienste und des eRezepte (z.B. beim Speichern der Gesundheitskarte in der Wallet)
  • Zentrale Verwaltung von Tickets (Fahrkarten, Konzerttickets)
  • Digitaler Nachweis für Bestellen eines Mietwagens

Du kannst Dir eine EUDI-Wallet am besten wie eine andere Wallet von Deinem Smartphone oder Deiner Smartwatch vorstellen. Doch zusätzlich kommen Deine Ausweisdokumente hinzu, die auch als solche von Behörden, Händlern, Krankenhäusern etc. akzeptiert werden. Der gute, alte Personalausweis kann damit endgültig zu Hause bleiben.

Vor- und Nachteile von EUDI-Wallets

Obwohl EUDI-Wallets noch nicht verfügbar sind, dürften sie in den kommenden Jahren unser digitales Leben bestimmen und vor allem vereinfachen. Doch es gibt auch zweifelsohne Risiken …

Vorteile
  • Vereinfachter Zugang zu Online-Diensten und -Angeboten durch digitale Dokumente
  • On- und offline nutzbar – auch ohne Internetverbindung sollst Du Dich authentifizieren können
  • Europaweite Gültigkeit der in der Wallet gespeicherten Ausweise
  • Die neue Art der Authentifizierung im Internet könnte ständige Video- oder Post-Ident-Verfahren überflüssig machen
  • Komfortgewinn durch ein einheitliches System, das überall verwendet werden kann
Nachteile
  • Sensible Daten werden zentral auf staatlichen Servern gespeichert. Hacker könnten sich bei ungenügendem Schutz Daten von Millionen Menschen verschaffen.
  • Da alle Transaktionen in der Wallet gespeichert werden, ist der Nutzer damit für Behörden und Unternehmen ggf. „transparenter“, auch wenn eine Unverfolgbarkeit versprochen wird.
  • Wer kompletten Zugriff auf eine EUDI-Wallet hat, kann im schlimmsten Fall eine ganze Identität stehlen.

Was passiert mit dem Online-Ausweis?

Benutzt Du die Online-Funktionen Deines Personalausweises? Vermutlich nicht, denn laut eines aktuellen eGovernment-Monitors verwenden nur 14 Prozent der Ausweisbesitzer die erweiterten Möglichkeiten. Das hat viele Gründe, vor allem aber mangelt es an ausreichend Vorzügen, genügend Akzeptanzstellen und sicherlich auch an einem einsteigerfreundlichen Konzept, obwohl die Verwendung des Online-Ausweises kein Hexenwerk ist, wie wir in unserem Artikel zu dem Thema verdeutlichen.

Du kannst davon ausgehen, dass die EUDI-Wallet künftig den Online-Ausweis mitsamt der AusweisApp2 ablöst – zumindest mittel- bzw. langfristig betrachtet. Hierzu gibt es allerdings noch keinerlei Informationen.

Auch ist noch nicht klar, ob die digitale Brieftasche aktuelle Lösungen wie BundID, GesundheitsID oder Bürgergeld-App obsolet macht. Das Potenzial dazu hätte eine EUDI-Wallet. Doch bis es so weit ist, werden vermutlich noch sehr viele Jahre ins Land ziehen. Ein realistisches Szenario ist, dass Behörden-Zugänge, zum Beispiel zur digitalen Verwaltung, mittels der EUDI-Wallet vereinfacht und vereinheitlicht werden.

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Profilbild von Sven Wernicke
Denkt Sven an sein erstes eigenes Handy, fühlt er sich alt: Das Siemens S6 war 1996 aber echt nicht schlecht. Um diese Zeit herum bastelte er simple Webseiten mit Microsoft Frontpage und schrieb erste Texte für eigene Projekte. Am Interesse für Telefone, Trends und technische „Spielzeuge“ hat sich nichts geändert. Seit 2005 ist Sven freiberuflich als Blogger, Redakteur, Berater tätig. Und hat nach wie vor viel Spaß am Tippen.

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