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Eco-Rating soll Umweltbilanz von Smartphones vergleichbar machen – Was wir davon halten

Mit dem Eco-Rating (seit Mai 2021) soll das Bewusstsein für nachhaltige Smartphones geschärft werden: Mit einem Index von maximal 100 Punkten in 19 Kriterien. Damit sollst Du auf einen Blick erfassen können, wie gut die Umweltbilanz eines Smartphones nun ist – insbesondere im Vergleich zu anderen Modellen. Wir sind skeptisch.
Eco-Rating

Das Eco-Rating soll die Umweltbilanz eines Handys zeigen (Screenshot: ecoratingdevices.com)

Eco-Rating als Umweltindex

Was das Thema Nachhaltigkeit bei Smartphones betrifft, lässt sich ziemlich schnell feststellen: Da ist die Telekommunikationsbranche nicht gerade führend. Mit WEtell gibt es wenigstens einen grünen Mobilfunkanbieter. Und bei der Hardware gibt es neben Fairphone oder Shiftphone eher wenig Auswahl, wenn es denn wirklich klimafreundlich sein soll.

Klar, das liegt auch in der Natur der Sache, Stichwort Ressourcenverbrauch. Das Eco-Rating soll als Umweltindex seit 2021 Verbrauchenden bei der Einschätzung helfen, wie nachhaltig so ein Smartphone denn nun ist. Die Idee dahinter: Auf einen Blick vergleichen zu können, welches aktuelle Handy besonders klimaverträglich ist. Hier wird also ein brandaktuelles Thema aufgegriffen.

  • Das Eco-Rating lässt sich somit zwischen dem Recht auf Reparatur, der Verpflichtung zu regelmäßigen Updates und dem Wunsch zu mehr Langlebigkeit einsortieren.

Löblich, aber wie sieht das Ganze in der Umsetzung aus?

Eco-Rating Initiative: Guter Ansatz oder Greenwashing?

Natürlich haben solche Nachhaltigkeitsansätze im Zusammenhang mit Siegeln und Zertifizierungen (anders ist so ein Rating ja nicht zu sehen) immer einen faden Beigeschmack − hoffentlich wird die Initiative mehr als nur Greenwashing jenseits der Pioniermarke Fairphone sein. Denn so mutet es natürlich auch an.

Fakt ist schließlich: Durch ein anerkanntes (und durch die Implementierung durch die Netzbetreiber ist es de facto gesetzt) Smartphone Eco-Rating öffnet sich für die bekannten Marken die Tür zum umweltbewussten Klientel, andererseits müssen sich die Hersteller aber auch daran messen lassen.

Diese Handys sind laut Eco-Rating nachhaltig

Eco-Rating Modelle

Eco-Rating: Die geprüften Modelle kannst Du Dir tabellarisch anzeigen lassen (Stand: Dezember 2022)

Wer gute anderthalb Jahre nach Start einen Blick in das Nachhaltigkeitsranking unter ecoratingdevices.com wirft, wird diesen Verdacht bestätigt sehen. Die umweltfreundlichsten Handys laut Eco-Rating stammen von Fairphone, Samsung und Honor.

Die tabellarische Übersicht mutet schon fast absurd an, wenn das Fairphone 4 ebenso viele Gesamtpunkte erhält wie Samsung Galaxy S21 und Galaxy A20e. Das Fairphone 4 mit 256 GB Speicher schneidet sogar einen Punkt schlechter ab, als die genannten Samsung-Handys.

Eco-Label: Fairphone, Honor und Samsung

Eco-Label: Honor und Samsung in Teilrubriken deutlich schlechter bei gleicher Gesamtpunktzahl …

Wer nun noch einen Blick auf die einzelnen Unterrubriken wirft, wird sich zumindest wundern, wie Galaxy S21 und Honor X8 in den Teilrubriken deutlich schlechter abschneiden als das Fairphone, dabei jedoch insgesamt eine gleich hohe Punktzahl erreichen. Hier lässt sich nur spekulieren, ob ein Anzeigefehler dahintersteckt.

Noch absurder wird es, wenn Du sorgfältig durch die Tabelle scrollst.

Auf einem der letzten Plätze liegt das Xiaomi Redmi 9A mit 35 von 100 Punkten. Wer nun den Screenshot oben betrachtet, wird schnell das Xiaomi Redmi 7A mit 84 von 100 Punkten entdecken. Da stellt sich uns schon die Frage, wie innerhalb der gleichen Modellreihe eines Herstellers innerhalb von genau 12 Monaten eine solche Diskrepanz auftreten kann.

Tatsächlich haarsträubend, wenn Du Dir einmal die Mühe machst, nach den Redmi-Modellen zu filtern. Unten nur vier Modelle zur Auswahl, die im vorderen, hinteren und mittleren Feld liegen.

Eco-Label mit Xiaomi-Modellen

Eco-Label mit Xiaomi-Modellen: Teils sind die Einträge wirklich haarsträubend (Stand: Dezember 2022)

Eco Rating für Smartphones: Wo sind Apple iPhones?

Spannend, dass hier im Grunde alle Android-Smartphones von Rang und Namen dabei sind − Apple aber fehlt. Und das auch noch anderthalb Jahre nach Start des Ratings. Dabei wird in den FAQ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es beim Ökobilanz-Rating eben um Modelle geht, die die Netzbetreiber im Sortiment haben:

»Die Eco Rating-Bewertung gilt für neue Geräte, die von den teilnehmenden Mobilfunkanbietern in das Sortiment genommen werden […] auch neu auf den Markt kommende Geräte laufend bewertet werden«

Das gilt aber eben nur, wenn die Hersteller auch zu den teilnehmenden Partnern gehören. Und Apple ist offensichtlich nach wie vor nicht dabei. Dementsprechend wirst Du auf aktuellen iPhones dann auch keinen Eco-Score finden.

Zum Start hieß es noch:

»Zu unseren Launch-Partnern gehören Bullitt Group – Home of CAT and Motorola rugged phones, Doro, HMD Global – Home of Nokia Phones, Huawei, MobiWire, Motorola / Lenovo, OnePlus, OPPO, Samsung Electronics, TCL / Alcatel, Xiaomi and ZTE.«

Gerade die asiatischen Marken mit ihrer Vielzahl von Modellen dürften hier vor allem ihre große Chance, im Öko-Dunstkreis Reputation zu erlangen, wittern.

Smartphone Eco Rating Kategorien

Es handelt sich insgesamt zwar um 19 Einzeldisziplinen, aber 5 Hauptkategorien, nach denen ein Eco-Rating-Label vergeben wird:

  • Langlebigkeit: wie robust ist ein Handy, wie hoch ist die Akku-Lebensdauer, wie lange Garantie gewährt der Hersteller auf das Handy und einzelne Bestandteile
  • Reparaturfähigkeit: wie hoch ist der Aufwand bei der Reparatur
  • Recyclefähigkeit: wie gut lässt sich ein Gerät zerlegen, um einzelne Wertstoffe zurückzugewinnen und wie lassen sich einzelne Wertstoffe recyceln, welche Informationen werden dazu bereitgestellt?
  • Klimaverträglichkeit: CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus des Geräts
  • Ressourcenschonung: wie viele knappe Rohstoffe sind enthalten (bspw. Gold)

Wobei der Punkt Reparatur ja bald ohnehin mehr oder weniger an Relevanz verlieren wird, wenn das „Recht auf Reparatur“ dann tatsächlich im Alltag angekommen ist und nicht mehr nur auf dem Papier existiert.

Eco-Rating und Lebenszyklus

Ist vom Lebenszyklus eines Handys die Rede, dann wird eben die gesamte Lebensdauer betrachtet, die bereits bei der Erschließung von Ressourcen anfängt.

  • Je mehr recycelte Materialien aus Altgeräten (etwa Gold aus verschrotteten Smartphones) zum Einsatz kommen, desto besser.
  • Auch Produktion, Transport und Entsorgung werden neben der eigentlich Nutzung und Reparierbarkeit betrachtet.

Geplant ist das Eco-Rating als europaweites Label:

»Das Eco Rating wird in folgenden europäischen Ländern eingeführt: Albanien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Litauen, Nordmazedonien, Montenegro, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn und dem Vereinigten Königreich.«

Eco Rating Kritik: Gut für groben Überblick, aber sicherlich nicht der heilige Gral

Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit − längst mehr als Buzzwords der visionären Freitagsfuturisten. Sondern mittlerweile auch ein knallhartes Marketing-Verkaufspfund.

In diesem Spannungsfeld muss sich die Eco-Rating-Initiative beweisen. Fakt ist: Sie kommt zu einem Trend-Zeitpunkt, ist ihrer Zeit nicht voraus, kommt aber mit Druck großer Netzbetreiber in Europa.

Insgesamt halten wir das Eco-Rating gut für einen groben Überblick, um die Umweltbilanz von konkreten Smartphone-Modellen zu vergleichen.

Den heiligen Gral hast Du mit dem Label allerdings nicht gefunden. Im Gegenteil, das Eco Rating muss sich einige Kritik gefallen lassen. Da gibt es einfach zu viele Fragezeichen und zu viele schwammige Rubriken, um tatsächlich handfeste Überzeugungskriterien zu liefern. Auch die Liste der geprüften Smartphones wirft einfach zu viele Fragen auf.

Und: Der gesamtheitliche Blick auf die Nachhaltigkeit eines Smartphones fehlt einfach. Beim Eco-Label geht es wirklich nur um die Ökobilanz eines Handymodells. Übergeordnete Kriterien wie Arbeitsbedingungen beim Hersteller, die Einhaltung von Menschenrechten oder der Einsatz erneuerbarer Energien fehlen vollkommen.

Immerhin: Es fließen wichtige neue Kriterien in die Bewertung von Handys ein, was sich auch in der Smartphone-Bestenliste bemerkbar machen kann. Die Chance ist da!

Wenn Du übrigens auf der Suche nach einem Smartphone bist, welches man noch selbst reparieren kann, dann schaue Dir diesen Clip zum FairPhone 5 einmal genauer an:

@handyhase

Ist es wirklich so einfach?👀 Jonatan durfte beim MWC das FairPhone 5 einmal komplett zusammenbauen. Wie es ihm dabei ergangen ist, erfahrt ihr hier😇 #fairphone #fairphone5 #phonerepair #phonerepairs #displayrepair #handyreparatur #smartphone #techtok #sustainability #sustainabletech #sustainablelifestyle #techpodcast @fairphone

♬ Piano sleep LoFi slow midnight(808930) – Gloveity

Häufige Fragen zum Eco-Rating

🤷‍♀️ Was ist das Eco-Rating?

Das Eco-Rating ist ein im Jahr 2021 eingeführtes Label, das die Umweltbilanz eines Handymodells anzeigen und mit anderen Geräten vergleichbar machen soll. Jedes Handymodell kann einen Score von maximal 100 Punkten erreichen.

🌍 Wer nimmt am Eco-Rating teil?

Das Eco-Rating wird von den europäischen Netzbetreibern genutzt, Ziel ist es, das Label weltweit bekannt zu machen. An Herstellern sind etwa Samsung, Honor, Xiaomi, Fairphone oder CAT dabei. Apple fehlt mit den iPhones jedoch komplett.

🌿 Welche Kriterien sind für die Ökobilanz wichtig?

Um die Ökobilanz eines Smartphones zu ermitteln, werden fünf Kriterien angelegt, die sich jeweils in weitere Unterkriterien aufspalten. Die Hauptkriterien sind Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit, Recyclefähigkeit, Klimaverträglichkeit und Ressourcenschonung.

⛔️ Was leistet das Eco-Label nicht?

Das Eco-Label ist kein ganzheitliches Siegel für Nachhaltigkeit. Hier geht es lediglich darum, einzelne Smartphones in Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit miteinander vergleichbar zu machen. Grundsätzliche Arbeitsbedingungen beim Hersteller und bei Zulieferern, der Einsatz erneuerbarer Energien oder die Einhaltung von Menschenrechten sind keine Prüfkriterien.

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Profilbild von Stefanie
Schon seit 2011 ist Steffi als Redakteurin für verschiedene Online-Magazine und -Blogs unterwegs. Für Technik begeistert sie sich jedoch schon viel länger. Ihr erstes Handy? Ein Nokia 3310. Nach einem iPhone und einem Windows Phone (nein, kein Witz!) begleitet sie mittlerweile ein Android-Smartphone durchs mobile Leben.