Live-TV ohne Datenvolumen zu verbrauchen

5G Broadcast: So kommt lineares Fernsehen auf Dein Smartphone

Klar, Du kannst problemlos das aktuelle TV-Programm auf Dein Smartphone oder Tablet streamen. Doch mit 5G Broadcast verbrauchst Du kein Datenvolumen, um lineares Fernsehen zu schauen. Während sich DVB-T2 (TV) und DAB+ (Radio) auf Mobiltelefonen nicht durchsetzen konnten, sieht es für die Erweiterung des 5G-Mobilfunkstandards für TV und Digitalradio deutlich besser aus. Wir erklären Dir, wieso Du 5G Broadcast im Auge behalten solltest.

5G Broadcast

Was ist 5G Broadcast?

Mit 5G Broadcast ist das Senden und Empfangen des klassischen Rundfunksignals gemeint, das bisher unter anderem über DVB-T2 oder DAB+ erfolgt. Allerdings wird in diesem Fall das mittlerweile weit verbreitete 5G-Übertragungsnetz verwendet, um wie bei DVB-T2 Fernsehinhalte terrestrisch auszustrahlen.

Während beim Streaming von Inhalten die sogenannte Point-to-Point-Übertragung stattfindet und somit viele Sender für eine Direktverbindung zu vielen Empfängern nötig sind, nutzt 5G Broadcast Point-to-Multipoint. Ein leistungsstarker Sender ist in der Lage, das TV-Signal an sehr viele Empfänger gleichzeitig zu schicken. Genau so funktioniert dies auch bei DVB-T2 und DAB+, nur eben im 5G-Netzwerk.

Der technische Standard hinter 5G Broadcast nennt sich FeMBMS (Further evolved Multiple Input Multiple Output Broadcast Multicast Service). Die Weiterentwicklung des LTE-Broadcast-Modus EMBMS verspricht eine sehr effiziente, großflächige Übertragung enormer Datenmengen an eine Vielzahl von Empfängern.

Oder anders gesagt. 5G Broadcast verspricht das Empfangen von Radiosendern und TV-Programmen direkt aufs Smartphone, ohne dass Du zusätzliche Hardware benötigst. Das Mobilfunknetz wird dafür nicht benutzt, sehr wohl aber die 5G-Technologie (der Funkmasten).

Vorteile von 5G Broadcast

So komfortabel Streamen auch ist, gerade zum Beispiel bei WM-Fußballspielen kann die Point-to-Point-Übertragung an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Der ständig steigende Datenverkehr führt zu weiteren Kosten für die Netzbetreiber. Eine Lösung ist 5G Broadcast, das viele Menschen mit nur einem Sender erreichen kann. Das Mobilfunknetz wird auf diese Weise deutlich entlastet.

Weitere Vorteile von 5G Broadcast sind:

  • Kein Datenverbrauch: Live-Übertragungen verbrauchen kein Datenvolumen, da es sich gewissermaßen nicht um Streaming über das Handynetz handelt.
  • Stabilität: Überlastete Handynetze sollten bei 5G Broadcast keine Rolle mehr spielen. Weniger Störungen und eine hohe Übertragungsqualität sind möglich – und das bei einer simultanen Verwendung Tausender Nutzer gleichzeitig.
  • Große Reichweite: Ein Sender kann große Entfernungen erreichen und damit für eine gute Abdeckung auch in schwierigeren Regionen sorgen.
  • Keine SIM-Karte erforderlich: Der Standard für 5G Broadcast sieht vor, dass Du keine aktive SIM-Karte benötigst, um TV- und Radioprogramm zu empfangen.
  • Katastrophenwarnungen: Über 5G Broadcast (Cell Broadcast) können staatliche Einrichtungen jederzeit Nachrichten übertragen – sollte das zum Beispiel bei Katastrophen nötig sein.
  • Alternative zu DVB-T2 HD: In einigen Gegenden wird DVB-T2 bereits ab Januar 2025 abgeschaltet. 5G Broadcast könnte alternativ zu Kabel oder Satellit eingesetzt werden.

Nachteile von 5G Broadcast

Wo Chancen sind, sind auch Risiken. Und eines ist ebenfalls völlig unklar: Wollen Handynutzer überhaupt lineares TV-Programm oder Digitalradio? Das lässt sich schwer beurteilen. Vor allem bei Live-Übertragungen für ein großes Publikum (zum Beispiel im Rahmen der Fußball Bundesliga oder Konzerte und Festivals) kann 5G Broadcast seine Stärken zeigen. Aber es bleiben dennoch (potenzielle) Nachteile:

  • Netzabdeckung: Obwohl manche Anbieter das Gegenteil behaupten: 5G ist noch nicht flächendeckend in Deutschland verfügbar. Die 5G-Netzabdeckung gilt nicht nur fürs Handynetz, sondern dann auch für 5G Broadcast. Im schlimmsten Fall wäre der TV-Empfang in einigen Regionen nicht möglich. Andererseits: Bei DVB-T2 sieht es hierzulande schlechter aus.
  • Kompatibilität: Um 5G Broadcast einzusetzen, benötigst Du möglicherweise ein neues Smartphone oder zumindest Updates seitens des Telefonherstellers. Gegenwärtig ist völlig unklar, ob Dein Handy den Standard beherrschen wird.
  • Geringe Programmauswahl: Du kannst davon ausgehen, dass nur eine (geringere) Auswahl an TV-Sendern verfügbar sein wird. Denn diese müssen dafür zahlen, um empfangen werden zu können. Nicht jeder ist dazu gewillt.
  • Überwachung: Theoretisch möglich wäre es, über die 5G-Funkmasten eine Ortung vieler Menschen gleichzeitig vorzunehmen. Das könnte zu einer Massen-Überwachung oder zu einem geobasierten Ausspielen von Werbung führen.
  • Zusätzliche Kosten: Kosten für Auf- und Ausbau der 5G-Infrastruktur sowie weitere für den Betrieb und das Ausstrahlen der Sender könnten an die Endkunden weitergegeben werden.

Aktueller Stand von 5G Broadcast

Am Smartphone TV schauen, ohne dass Du einen Handyvertrag oder eine Internetverbindung benötigst bzw. Datenvolumen verbrauchst? Sehr nett, doch bis es so weit ist, werden vermutlich noch etliche Monate ins Land ziehen. Aber: Es geht dank bekannter Unternehmen voran, sodass wir vielleicht 2025 schon mit ersten (kommerziellen) Lösungen rechnen können.

Im September 2024 gab Media Broadcast, Freenet-Tochter und Betreiber von DVB-T2, bekannt, gemeinsam mit dem Chiphersteller Qualcomm sowie europäischen Rundfunkanstalten eine Lösung zu entwickeln. Diese sieht einen Fernsehempfang über 5G vor. Mit dabei sind unter anderem die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt France Télévisions, die italienische Rundfunkgesellschaft RAI oder der Sendernetzbetreiber ORS aus Österreich.

Media Broadcast präsentierte auf dem Event in Halle Smartphones mit 5G-Broadcast-Funktionalität. (Foto: Media Broadcast)

Media Broadcast präsentierte auf dem Event in Halle Smartphones mit 5G-Broadcast-Funktionalität. (Foto: Media Broadcast)

In Europa wird 5G Broadcast bereits seit einigen Jahren von diversen Rundfunkanstalten getestet, eine kommerzielle Verwendung erfolgt bisher nicht. Möglicherweise muss Media Broadcast zum Beispiel hierzulande noch weitere Pilotprojekte realisieren. Eines davon startete im August 2024 in Halle/Saale. In der Großstadt in Sachsen-Anhalt erprobt das Unternehmen die digital-terrestrischen Übertragungskapazitäten des 5G-Broadcast-Standards. Dazu begannen Testausstrahlungen des „Magdeburger Fernsehen 1“ und der ARD, die bis zu 260.000 Einwohner erreichen können.

Bei diesem Eröffnungsevent wurde sogar live eine Sport-Veranstaltung über 5G Broadcast übertragen, ebenfalls präsentierte Media Broadcast das sogenannte Seamless Switching. 5G Broadcast kann jederzeit auf Streaming über WLAN wechseln, sollte zum Beispiel der Empfang plötzlich schlechter werden.

Wohin geht die Reise?

Zwar ist 5G Broadcast gegenwärtig noch „Zukunftsmusik“, allerdings stehen die Chancen gut, dass uns lineares Fernsehen über diesen Standard bald erwartet. Trotzdem sind hier noch viele Fragen offen. Eine davon: Du verbrauchst zwar kein Datenvolumen, nutzt aber die Sendetechnik des Netzbetreibers. Wirst Du also für das Schauen des TV-Programms künftig Geld zahlen müssen? Ähnlich wie bei Freenet TV (DVB-T2) könnte Dich ein kostenpflichtiges Abo-Angebot erwarten, bei dem höchstens öffentlich-rechtliche TV-Sender gratis sind.

Unklar ist ebenfalls, ob Du für den Empfang ein neues 5G-Smartphone benötigst. In genannten Testversuchen, zum Beispiel in Halle, bot Xiaomi bereits Software-seitig angepasste Telefone zum Ausprobieren an. Es heißt, bei einigen Geräten könnten schon Firmware-Updates genügen, um diese kompatibel mit 5G Broadcast zu realisieren. Andererseits ist davon die Rede, dass spezielle Hardware verbaut werden müsste – Chips könnte der Hersteller Qualcomm bereits in der Pipeline haben.

5G Broadcast könnte übrigens CI+-Slots bzw. entsprechende Module in Fernsehern für den Empfang terrestrischen Fernsehens obsolet machen. TV-Geräte, Laptops oder Radios werden vielleicht in den nächsten Jahren über 5G-Module verfügen und ersetzen damit DVB-T2, eventuell DVB-S und DAB+.

Wird es Probleme mit der Netzneutralität geben?

Erinnerst Du Dich noch an Telekom StreamOn oder Vodafone Pass? Beide Dienste warben mit dem sogenannten „Zero Rating“. Bestimmte Streaming-Angebote wurden nicht zum vorhandenen Datenvolumen eines Tarifs angerechnet. Die Bundesnetzagentur verbot Zero-Rating-Angebote mit der Argumentation, dass sie gegen die Netzneutralität verstoßen würden.

Eine solche Konsequenz ist bei 5G Broadcast nicht zu erwarten, da es sich letztlich um das Empfangen terrestrischen Fernsehens handelt. Du bekommst also „passiv“ lineares Fernsehen, es erfolgt kein Streaming über das Handynetz.

Zwar ist technisch gesehen ein Rückkanal möglich, dieser wird allerdings über das 5G-Netz oder LTE-Netz erfolgen – und damit wieder Datenvolumen verbrauchen. Und auf diese Weise verdienen die Netzbetreiber dann doch wieder mit.

Fazit: Viel Potenzial, viele offene Fragen

Lineares Fernsehen am Smartphone schauen – das mag sich in Zeiten gewaltiger Datenvolumen zum niedrigen Preis bei aktuellen Handyverträgen nicht sensationell anhören. Doch gutes Streaming übers Handynetz ist abhängig von ausreichenden (Server-)Kapazitäten und einer stabilen, schnellen Verbindung. Für 5G Broadcast sind Mega-Live-Events keine Schwierigkeit, das Abbrechen von Übertragungen sollte nicht mehr vorkommen. Dein Smartphone wird überall zum Empfänger, ohne dass Du dafür Dein Datenvolumen verbrauchst.

Das klingt spätestens zur nächsten WM oder EM verlockend, doch dafür muss seitens der Anbieter und der Smartphone-Hersteller noch viel passieren. Sollte 5G Broadcast vielleicht 2025 oder 2026 flächendeckend verfügbar sein, hat es das Zeug dazu, DVB-T2 und DAB+ überflüssig und Dein Telefon noch flexibler zu machen. Aber es besteht auch das Risiko, dass es bei Kunden gar nicht ankommt, weil kein Bedarf besteht oder ein weiteres Monatsabo fällig wird …

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Profilbild von Sven Wernicke
Denkt Sven an sein erstes eigenes Handy, fühlt er sich alt: Das Siemens S6 war 1996 aber echt nicht schlecht. Um diese Zeit herum bastelte er simple Webseiten mit Microsoft Frontpage und schrieb erste Texte für eigene Projekte. Am Interesse für Telefone, Trends und technische „Spielzeuge“ hat sich nichts geändert. Seit 2005 ist Sven freiberuflich als Blogger, Redakteur, Berater tätig. Und hat nach wie vor viel Spaß am Tippen.

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